Europawahl 2024: Infos, Hintergründe & Bedeutung der Wahl

Unbedingt wählen gehen!

Die Europawahl 2024 steht vor der Tür – ein Ereignis, das die politische Landschaft der Europäischen Union (EU) maßgeblich prägen wird. Zwischen dem 6. und dem 9. Juni werden die Bürger der EU über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments entscheiden. Die Wahl hat dabei direkte Auswirkungen auf die politische Ausrichtung und Entscheidungsfindung innerhalb der EU und damit auch auf unser alltägliches Leben.

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Wann finden die Wahlen statt?
Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden alle fünf Jahre statt und sind 2024 für den Zeitraum vom 6. bis 9. Juni angesetzt. Das genaue Datum variiert von Land zu Land – in Deutschland ist es diesmal der 9. Juni (Sonntag). Die Wahl erfolgt nach den jeweiligen nationalen Wahlgesetzen, die offene, halboffene oder geschlossene Listen vorsehen können. In allen 27 EU-Mitgliedstaaten ist als Wahlsystem das Verhältniswahlrecht festgelegt. Das bedeutet, dass die Mandate nach dem Verhältnis der auf die Parteien entfallenen Stimmen verteilt werden. Einfach gesagt: Je mehr Stimmen eine Partei bei der Wahl erhält, desto mehr Sitze im Parlament bekommt sie. Eine Sperrklausel gibt es in Deutschland aktuell nicht, ab der Wahl 2029 soll sie aber eingeführt werden und bei mindestens zwei Prozent liegen.

Wer kann wählen und wie läuft die Wahl ab?
Das Mindestalter für die Wahlberechtigung liegt in den meisten EU-Ländern bei 18 Jahren. Einige Mitgliedstaaten wie Österreich, Belgien, Malta und Griechenland haben jedoch das Wahlalter gesenkt, um jüngere Bürger stärker in den demokratischen Prozess einzubinden. Auch in Deutschland ist das Wahlalter erstmals für die Europawahl im Jahr 2024 von bisher 18 auf 16 Jahre herabgesetzt worden. Zudem muss man seit mindestens drei Monaten in Deutschland oder einem der übrigen Mitgliedstaaten der EU einen Wohnsitz haben und außerdem in ein Wählerverzeichnis eingetragen sein.

Jeder Wähler hat insgesamt eine Stimme und wählt damit eine Partei oder politische Vereinigung. Man wählt somit keine Kandidaten, sondern eine sogenannte Wahlliste, die vorher von den einzelnen Parteien festgelegt wurde. Auf Deutschland entfallen für die kommende Wahl 96 Abgeordnete, die dann für die entsprechenden Parteien in das Europäische Parlament einziehen – das sind europaweit die meisten. Insgesamt werden im Juni 720 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt.

Die Bedeutung des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament vertritt die Interessen der EU-Bürger und ist die einzige direkt gewählte Institution der EU. Es arbeitet eng mit der Europäischen Kommission und dem Rat der Europäischen Union zusammen, um Gesetze zu erlassen, die in allen Mitgliedstaaten gelten. Diese Gesetze betreffen eine Vielzahl von Bereichen, darunter Umweltschutz, Verbraucherschutz, Verkehr und Freizügigkeit. Zudem prüft und genehmigt das Parlament den EU-Haushalt.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments (MdEPs) sind in politischen Fraktionen organisiert, die ähnliche politische Ausrichtungen vertreten. Die größten Fraktionen sind aktuell die Europäische Volkspartei (EVP), die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D), Renew Europe (RE), die Grünen/Europäische Freie Allianz (Grüne/EFA), die Identität und Demokratie (ID), die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) und die Konföderale Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL).

Was passiert nach den Wahlen?

Unmittelbar nach den Wahlen teilen die nationalen Behörden dem Europäischen Parlament die offiziellen Wahlergebnisse mit, einschließlich der Namen der gewählten Abgeordneten. Das neu gewählte Parlament tritt dann zu seiner ersten Plenarsitzung zusammen, in der Regel im Juli nach der Wahl. Während dieser Sitzung wählen die Abgeordneten den Präsidenten des Parlaments, die Vizepräsidenten und die Quästoren, die für administrative und finanzielle Aufgaben innerhalb des Parlaments zuständig sind. Die Abgeordneten schließen sich dann zu politischen Fraktionen zusammen – eine Fraktion muss dabei aus mindestens 25 Abgeordneten bestehen, die aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten stammen. 

Bildung der Europäischen Kommission
Ein weiterer wichtiger Schritt nach den Wahlen ist die Bildung der neuen Europäischen Kommission. Der Präsident beziehungsweise die Präsidentin der Kommission wird vom Europäischen Rat vorgeschlagen und muss vom Europäischen Parlament bestätigt werden.

Mit der Konstituierung des Parlaments und der Bildung der Kommission beginnt schließlich die Festlegung der politischen Agenda für die nächsten fünf Jahre. Diese Agenda wird maßgeblich durch die politischen Prioritäten der größten Fraktionen im Parlament und die strategische Ausrichtung der Kommission bestimmt. Zentral werden dabei auch diesmal Themen wie Klimawandel, internationale Konflikte, Digitalisierung, Wirtschaftswachstum, soziale Gerechtigkeit und die Rolle der EU auf der internationalen Bühne sein.

Wahlkampf in Deutschland
Der Wahlkampf in Deutschland für die Europawahl 2024 ist geprägt von einer Vielzahl von Themen und Persönlichkeiten, die die unterschiedlichen Visionen für die Zukunft Europas repräsentieren. Die Parteien setzen dabei auf möglichst prominente Gesichter, die die Wähler dazu bringen sollen, ihr Kreuz bei der jeweiligen Partei zu setzen. Hier sind die nationalen Spitzenkandidaten im Überblick:

CDU – Ursula von der Leyen

Ursula von der Leyen, die Spitzenkandidatin der CDU, steht für eine Fortsetzung und Vertiefung der europäischen Integration. Mit ihrer Erfahrung als Präsidentin der Europäischen Kommission fokussiert sie sich auf Themen wie den digitalen Wandel, die Stärkung der europäischen Wirtschaft und die Förderung von Innovationen. Von der Leyen setzt sich zudem für den europäischen Green Deal ein, ein ambitioniertes Programm, das Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen soll. Ihre Politik zielt darauf ab, den Klimaschutz mit wirtschaftlichem Wachstum zu verbinden und gleichzeitig die soziale Gerechtigkeit zu fördern.

CSU – Manfred Weber

Er bringt eine umfassende Erfahrung aus seiner langjährigen Tätigkeit im EU-Parlament und als Vorsitzender der EVP mit: Manfred Weber von der CSU. Der Niederbayer sieht die Wahl als entscheidend an, um Europa vor einem Rechtsruck zu schützen, wobei er besonderen Wert auf das Thema Migration legt. Weber fordert eine gemeinsame Lösung in der Migrationspolitik und spricht sich gegen das Verbrennerverbot ab 2035 aus, um die Automobilindustrie zu schützen. Sein Ziel ist es, Europas Zukunft sicher und prosperierend zu gestalten.

SPD – Katarina Barley

Erwartungsgemäß legt Katarina Barley, Spitzenkandidatin der SPD, ihren Fokus auf soziale Gerechtigkeit, Arbeitnehmerrechte und den Schutz der Grundrechte innerhalb der EU. Sie setzt sich für eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte ein, um eine Wiederholung der Finanzkrise zu verhindern. Barley betont die Bedeutung einer solidarischen Flüchtlingspolitik und einer gemeinsamen europäischen Antwort auf die Migrationsherausforderungen. Zudem steht sie für die Stärkung der Demokratie in der EU und die Bekämpfung von Populismus und Nationalismus.

Die Grünen – Terry Reintke

Terry Reintke von den Grünen setzt sich vehement für Umwelt- und Klimaschutz ein. Ihre Agenda umfasst den Ausbau erneuerbarer Energien, die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und den Schutz der biologischen Vielfalt. Reintke fordert eine sozial gerechte Klimapolitik, die sicherstellt, dass der Übergang zu einer grünen Wirtschaft niemanden zurücklässt. Sie plädiert für eine stärkere europäische Zusammenarbeit in der Asyl- und Migrationspolitik und setzt sich für die Rechte von Minderheiten und die Gleichstellung der Geschlechter ein.

FDP – Marie-Agnes Strack-Zimmermann


Sie sorgt in Talkshows für Furore: Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP konzentriert sich auf die Themen Wirtschaftswachstum, Digitalisierung und Bildung. Die Politikerin tritt für einen freien Markt ein, betont aber gleichzeitig die Notwendigkeit, kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen und die digitale Infrastruktur Europas auszubauen. Strack-Zimmermann wirbt für eine Reform der EU-Institutionen, um diese effizienter und transparenter zu gestalten. Die Verteidigungspolitik ist ebenfalls ein zentraler Punkt ihrer Agenda, wobei sie eine stärkere europäische Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen fordert.

Die Linke – Martin Schirdewan und Carola Rackete

Martin Schirdewan und Carola Rackete stehen als Spitzenduo der Linken für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität. Sie fordern eine Umverteilung des Reichtums innerhalb der EU und setzen sich für die Stärkung der Arbeitnehmerrechte ein. Die Linke tritt für Investitionen in öffentliche Dienstleistungen und soziale Infrastruktur ein. In der Klimapolitik fordern Schirdewan und Rackete ambitionierte Maßnahmen, um die Erderwärmung zu begrenzen.

AfD – Maximilian Krah

Maximilian Krah von der AfD vertritt eine euroskeptische und konservative Position. Die AfD kritisiert die aktuelle Migrationspolitik der EU und fordert eine strengere Kontrolle der EU-Außengrenzen. Krah setzt sich für die Bewahrung nationaler Souveränität innerhalb der EU ein und steht einer weiteren Vertiefung der europäischen Integration kritisch gegenüber. Die Partei betont zudem die Bedeutung der traditionellen Familie und lehnt eine Quote für die Geschlechtergleichstellung ab.

Bündnis Sahra Wagenknecht – Fabio De Masi und Thomas Geisel

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), vertreten durch Fabio De Masi und Thomas Geisel, positioniert sich links von der traditionellen Linken. Sie kritisieren die neoliberale Wirtschaftspolitik der EU und fordern eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte sowie Maßnahmen gegen Steuervermeidung und -hinterziehung. Das Bündnis setzt sich für eine friedliche Außenpolitik und die Stärkung der sozialen Dimension der EU ein, mit besonderem Fokus auf die Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit.

Weitere Partien, die bei der Europawahl antreten, sind unter anderem die Freien Wähler, Die Partei, die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), die Familienpartei Deutschlands, die Piratenpartei sowie Volt. Auch die Letzte Generation will erstmalig in das Europaparlament einziehen.
Wahlomat und weitere
Entscheidungshilfen

Ein hilfreiches Tool zur Entscheidungsfindung ist der Wahlomat, den man auch von Bundestags- oder Landtagswahlen in Deutschland kennt. Das Online-Instrument der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) kann Wählern Orientierung im politischen Spektrum der Europawahl bieten. Das ist besonders wertvoll für diejenigen, die sich unsicher sind, welche Partei ihre Überzeugungen am besten vertritt.

Vermutlich wird der Wahlomat für die Europawahl ab Anfang Mai zur Verfügung stehen. Zu finden sind darin 38 Thesen zu verschiedenen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen, die im Rahmen der Europawahl relevant sind. Für diese gibt es jeweils drei mögliche Antworten („stimme zu“, „stimme nicht zu“, „neutral“). Im Anschluss hat man die Möglichkeit, die eigenen Vorlieben in die Auswertung mit einzubeziehen – etwa indem man angibt, welche Thesen einem besonders wichtig sind. Diese Antworten werden in der Auswertung dann doppelt gewichtet. Schlussendlich hat man als Ergebnis ein individuelles Profil, das aufzeigt, welche Parteien die eigenen Ansichten am ehesten widerspiegeln.

Neben dem Wahlomat gibt es auch noch weitere Entscheidungshilfen wie beispielsweise spezielle Europawahl-Apps, Online-Vergleichsportale der Wahlprogramme, Informationsveranstaltungen und Debatten sowie natürlich auch Soziale Medien und Blogs, in denen politische Analysten ihre Einschätzungen zu den Parteien und Kandidaten teilen.

Einfluss auf unser tägliches Leben
Inwieweit betrifft die Europawahl nun aber unseren Alltag hier in Deutschland? Tatsächlich hat sie durchaus weitreichende Auswirkungen auf das tägliche Leben der Bürger der Europäischen Union, auch wenn das nicht immer sofort offensichtlich ist. Die Entscheidungen, die auf europäischer Ebene getroffen werden, beeinflussen jedoch eine Vielzahl von Bereichen – von der Qualität der Luft, die wir atmen, über die Sicherheit der Produkte, die wir kaufen bis hin zu den Rechten, die wir als Verbraucher (etwa beim Online-Shopping oder bei Verspätungen von Flugzeug oder Bahn) und als Arbeitnehmer genießen.

Umweltschutz und Klimawandel
Die Europäische Union hat sich an die Spitze der globalen Bemühungen gesetzt, den Klimawandel zu bekämpfen. Initiativen wie der Green Deal zielen darauf ab, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Das hat direkte Auswirkungen auf die Energie, die wir verwenden, die Autos, die wir fahren, und die Art und Weise, wie Unternehmen produzieren und wirtschaften. Die Förderung erneuerbarer Energien, die Verringerung der CO2-Emissionen und der Schutz natürlicher Lebensräume sind nur einige Beispiele, wie EU-Politik unseren Alltag und unsere Umwelt beeinflusst.

Digitale Rechte und Datenschutz
In einer zunehmend digitalisierten Welt spielt die EU eine führende Rolle beim Schutz der Daten und der Privatsphäre ihrer Bürger. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) reguliert beispielsweise den Umgang mit persönlichen Daten durch Unternehmen und Organisationen. Die Informationen, die wir online teilen, sind dadurch besser geschützt – und wir haben auch mehr Kontrolle darüber, wie diese Informationen verwendet werden.

Verbraucherschutz und Produktstandards
Die EU setzt außerdem hohe Standards für die Sicherheit und Qualität von Produkten, beispielsweise von Lebensmitteln oder Spielzeug. Diese Standards sorgen dafür, dass die Produkte, die wir täglich verwenden, sicher und von hoher Qualität sind. Zudem fördert die EU den Wettbewerb und schützt die Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken, was zu faireren Preisen und einer größeren Auswahl führt.

Arbeitnehmerrechte und soziale Sicherheit
Darüber hinaus hat die EU maßgeblich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Stärkung der Rechte der Arbeitnehmer beigetragen. Von der Begrenzung der Arbeitszeiten bis hin zum Mutterschutz – viele der Rechte, die wir am Arbeitsplatz genießen, sind das Ergebnis europäischer Gesetzgebung. Darüber hinaus arbeitet die EU daran, soziale Ungleichheiten zu verringern und sicherzustellen, dass der wirtschaftliche Fortschritt allen Mitgliedern der Gesellschaft zugutekommt.

Mobilität und Reisen
Die Freizügigkeit ist eines der Grundprinzipien der EU. Sie ermöglicht es den Bürgern, innerhalb der EU zu reisen, zu arbeiten und zu studieren. Das hat nicht nur das Reisen vereinfacht, sondern auch die kulturelle Vielfalt und das Verständnis zwischen den Menschen in Europa gefördert. Zudem arbeitet die EU an der Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Nachhaltigkeit des Verkehrssektors, was direkte Auswirkungen auf unsere Mobilität hat.

FAZIT:
Die Europawahl im Juni 2024 ist entscheidend für die Zukunft der EU und beeinflusst das tägliche Leben ihrer Bürger in vielfältiger Weise. Von Umweltschutz über Datenschutz bis hin zu Verbraucher- und Arbeitnehmerrechten – die gewählten Abgeordneten und die daraus resultierende Politik bestimmen die Richtung, in die sich Europa bewegt. Eine aktive Teilnahme an der Wahl ermöglicht es den Bürgern, auf diese Entscheidungen Einfluss zu nehmen und die EU mitzugestalten. |Text: Vera Mergle