Managing Up: Der neue Trend in der Arbeitswelt?

Die Macht zurückerobern

In der heutigen Arbeitswelt, die sich ständig wandelt, tauchen immer wieder neue Trends auf. Einer davon ist das sogenannte „Managing Up“ – dadurch soll die Beziehung zwischen Arbeitnehmern und Vorgesetzten revolutioniert werden. Doch was genau steckt dahinter und wie funktioniert das Ganze?

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Bild: stock.adobe
Die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen mittlerweile immer mehr – im Zuge dessen gewinnt das Konzept des „Managing Up“ an Bedeutung. Es repräsentiert den Wunsch vieler Arbeitnehmer nach mehr Kontrolle und einem ausgeglicheneren Verhältnis zu ihren Vorgesetzten. 

Was ist Managing Up? 
„Managing Up“ meint so viel wie „nach oben managen“ beziehungsweise „Führung von unten“. Der Begriff bezieht sich auf eine Reihe von Techniken und Strategien, mit denen Arbeitnehmer ihre Beziehung zu Vorgesetzten aktiv gestalten und verbessern können. Es geht im Prinzip darum, die eigene Rolle im Unternehmen zu stärken, indem man proaktiv kommuniziert und eigene Bedürfnisse ausdrückt. Ziel ist es demnach, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem die Stimme der Arbeitnehmer gehört wird. So erobert man sich quasi die Kontrolle wieder ein Stück weit zurück. 

Der Trend und seine Versprechen 
„Managing Up“ wird derzeit oft als revolutionärer Weg dargestellt, um die Dynamik am Arbeitsplatz zu verändern. Die Popularität von „Managing Up“ ist teilweise auf die Verbreitung in sozialen Medien und die zunehmende Diskussion über Arbeitsplatzdynamiken zurückzuführen. Arbeitnehmer – insbesondere der jüngeren Generation – suchen mittlerweile oft aktiv nach Wegen, um ihre Stimme am Arbeitsplatz zu stärken und ihre Karrierechancen zu verbessern. Dabei werden sie etwa auf Plattformen wie LinkedIn oder Tiktok darauf aufmerksam gemacht, wo unter dem Hashtag #managingup gezeigt wird, wie genau man diese Grenzen in der Arbeitswelt setzt. 

Vorteile 
„Managing Up“ verspricht eine ganze Reihe von Vorteilen: eine bessere Work-Life-Balance, eine erhöhte Arbeitszufriedenheit und eine stärkere Positionierung innerhalb des Unternehmens. Der Trend suggeriert, dass durch proaktive Kommunikation und das Setzen von Grenzen eine gesündere Arbeitsumgebung geschaffen werden kann. Diese Aspekte sind selbstverständlich besonders attraktiv in einer Arbeitswelt, die zunehmend von Flexibilität, digitaler Kommunikation und flachen Hierarchien geprägt ist. Weil gerade die Gen Z weniger bereit dazu ist, beispielsweise ständig unbezahlte Überstunden zu machen oder Extra-Aufgaben zu erledigen, soll „Managing up“ für sie ein guter Weg sein, so etwas zu umgehen. Wer zudem selbstbewusst für sich einsteht, erhöht damit oftmals sogar seine Chancen auf eine Beförderung. 

Managing Up in der Theorie 
Wie sieht die Umsetzung des Trends nun konkret aus? Mit Blick auf das Beispiel der Überstunden wäre hier ein Weg, so neutral wie möglich darauf hinzuweisen, dass eine Diskrepanz zwischen der Anerkennung und der eigenen Leistung bestehen könnte – also zum Beispiel, indem man deutlich macht, dass die unbezahlten Überstunden eine absolute Ausnahme und kein Dauerzustand sein dürfen. Bestenfalls bringt man auch konkrete Beispiele aus der Vergangenheit an, wo bereits Ähnliches verlangt und abgeleistet wurde. 

Kritische Betrachtung des Trends 

Trotz seiner Beliebtheit ist „Managing Up“ nicht ohne Kritik. Experten weisen darauf hin, dass der Trend die Verantwortung für eine gesunde Arbeitsbeziehung unverhältnismäßig auf die Arbeitnehmer verlagert. Es wird argumentiert, dass es eigentlich die Aufgabe des Managements sein sollte, für ein gesundes Arbeitsklima zu sorgen und es gar nicht erst zu Problemen wie unbezahlten Überstunden kommen sollte. Die Erwartung, dass Arbeitnehmer die Initiative ergreifen müssen, um ihre Bedürfnisse zu kommunizieren, könnte daher als Verschiebung der Verantwortung gesehen werden. Möglicherweise werden diejenigen, die keine Extra-Aufgaben übernehmen möchten, dann sogar noch als faul abgestempelt. 

Ist Managing Up wirklich eine Lösung? 
Der Ansatz hat zweifellos das Potenzial, positive Veränderungen zu bewirken – doch die Wirksamkeit hängt stark von der Unternehmenskultur und der Einstellung der Vorgesetzten ab. In einer hierarchisch geprägten oder wenig kommunikativen Arbeitsumgebung kann der Versuch, „nach oben zu managen“, auf Widerstand stoßen oder sogar negative Konsequenzen haben. Arbeitnehmer, die versuchen, ihre Bedürfnisse zu artikulieren, werden möglicherweise als anspruchsvoll oder konfrontativ wahrgenommen – und das wiederum könnte ihre Position im Unternehmen schwächen. 

Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg ist daher die Bereitschaft der Vorgesetzten, sich auf einen offenen Dialog einzulassen. Ansonsten kann das Ganze schnell zu einer einseitigen Bemühung werden, die wenig bewirkt und Frustration auf beiden Seiten verursacht. „Managing Up“ ist also kein Allheilmittel für alle Probleme am Arbeitsplatz. Es kann nicht die grundlegenden Strukturen eines Unternehmens verändern und ist in bestimmten Arbeitsumgebungen nur begrenzt wirksam. Zudem setzt es voraus, dass Arbeitnehmer über die notwendigen Fähigkeiten und das Selbstbewusstsein verfügen, um ihre Bedürfnisse zu vertreten. 

FAZIT:
„Managing Up“ ist ein vielversprechender Trend, der das Potenzial hat, die Arbeitswelt positiv zu beeinflussen. Es ermutigt Arbeitnehmer, eine aktivere Rolle in ihrer beruflichen Entwicklung zu spielen und ihre Bedürfnisse klar zu kommunizieren. Allerdings ist das Ganze kein Allheilmittel und funktioniert zudem nicht in jeder Arbeitsumgebung gleich gut. Insgesamt hängt der Erfolg von „Managing Up“ unter anderem stark von der Unternehmenskultur und der Offenheit der Vorgesetzten ab. |Text: Vera Mergle