Säuglinge falsch behandelt: Prozess gegen mutmaßliche Krankenhausbetrüger in der Türkei

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Medienvertreter vor dem Gericht in IstanbulBild: AFP / KEMAL ASLAN

In der Türkei hat am Montag ein Prozess in einem der größten Medizinskandale der jüngeren Vergangenheit begonnen: In Istanbul stehen 47 Angeklagte vor Gericht, denen laut Anklageschrift vorgeworfen wird, Säuglinge aus Profitgier falsch behandelt und so mindestens zehn Babys getötet zu haben.

Die Beschuldigten gehören der Anklageschrift zufolge einem Netzwerk aus Führungspersonal und Ärzten privater Krankenhäuser, Betreibern von Notrufzentralen sowie Rettungsfahrern an. Ihnen wird vorgeworfen, gesunde Säuglinge mit falschen Diagnosen teilweise wochenlang grundlos intensiv behandelt zu haben, um Tagessätze von 8000 türkischen Lira (rund 219 Euro) für diese Behandlungen bei der Krankenkasse abrechnen zu können.

Zudem kassierten die Verdächtigen laut Ermittlungen zusätzliche Behandlungsgebühren von den Eltern der vermeintlich kranken Babys. Die Profite seien dann aufgeteilt worden.

Da die Intensivbetten mit eigentlich gesunden Säuglingen belegt waren, konnten Babys, die wirklich auf eine Behandlung angewiesen waren, nicht versorgt werden, wie die Ermittler weiter ausführten. Im Laufe mehrerer Jahre seien mindestens zehn Säuglinge in den Geburtsstationen der Kliniken durch eine fehlende oder nicht angemessene Behandlung gestorben, heißt es in der fast 1400 Seiten langen Anklageschrift.

Den Angeklagten wird unter anderem fahrlässige vorsätzliche Tötung und Betrug vorgeworfen. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen.

"In der Nacht, in der ich entbunden habe, ging es meinem Kind noch gut", berichtete Nazli Ahi, eine betroffene Mutter, der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. "Am Tag darauf haben sie uns gesagt, dass unser Baby drei Venenthrombosen hatte und unter Bluthochdruck und Atemnot litt und gesagt, dass es verlegt wird", berichtete Ahi weiter.

Das Neugeborene sei in einem der von den Ermittlungen betroffenen Krankenhäuser in ein Intensivbett verlegt und Tage später für tot erklärt worden. "Wenn sie mir gesagt hätten, dass es um Geld geht, hätte ich ihnen Milliarden für mein Baby gegeben", sagte Ahi weiter.

Aufgrund der Vorwürfe sind neun private Kliniken in Istanbul und eine weitere in einer Nachbarprovinz geschlossen worden. Eines dieser Krankenhäuser wird von einem früheren Gesundheitsminister der Regierungspartei AKP betrieben. Zudem werden Ermittlungen gegen neun weitere Krankenhäuser geführt.