Wirtschaftsmacher Reinhold Braun: Geschäftsführer Sortimo International GmbH
Ein Spagat zwischen Ehrenamt, eigenem Unternehmen und Privatleben
TRENDYone trifft die Wirtschaft am Punkt: Die Sortimo International GmbH ist Hersteller von Fahrzeugeinrichtungen mit Sitz und Produktionsstandort in Zusmarshausen. Sortimo bietet ein Full-Service-Konzept für Handwerker, Servicetechniker und Flottenkunden mit einer Produktpalette rund um leichte Nutzfahrzeuge. Das Unternehmen betreibt im Jahr 2023 23 Stationen in Deutschland sowie eine Präsenz in über 35 Ländern. Das mittelständisches Familienunternehmen wird seit 1998 von den Geschäftsführern Klaus Emler und Reinhold Braun geleitet. Marion Buk-Kluger interviewte letzteren, der seit kurzem auch neuer IHK-Präsident ist.
Reinhold Braun: "Die IHK ist kein Thema, das erst vor vier Wochen in mein Leben gekommen ist. Ich hatte über den Vorsitz in der IHK-Regionalversammlung Augsburg Land, als stellvertretender Präsident der IHK Schwaben und Aufsichtsratsvorsitzender der IHK Akademie Schwaben genügend Zeit, um mich einzuarbeiten. Mir war ziemlich gut bewusst, was auf mich wartet und was ich entsprechend umstrukturieren muss. Wobei ich dann doch etwas überrascht war, was noch mal alles dazu gekommen ist."
Also ist der Zeitaufwand fast derselbe, nur eben für andere Aufgabengebiete?
"Es ist mehr, wir haben es bei uns in der Firma wahrgenommen und auch im Zuge der kommenden Generation anders strukturiert."
Sie müssen jetzt also mehr delegieren?
"Was auch gut ist, da ich bei gewissen Themen nun stärker loslassen muss und nicht mehr in das Mikro-Management eingreifen kann. Es geht mir nun darum die Richtungen vorzugehen und das Operative der Führungsmannschaft zu überlassen, die bei uns schon seit Jahren eingespielt ist. Und die das gern annimmt, was ein großer Vorteil ist. Ich denke dabei aber auch an meine beiden Kinder, die bereits im Unternehmen sind. Wir denken, wie jeder gute Mittelständler, nicht in Quartalen oder Jahren, sondern in Generationen. Daher handeln wir langfristig und stellen die Weichen für die Zukunft."
Sie sind, mit Klaus Emler zu zweit in der Gesellschafter- und Geschäftsführer Verantwortung. Wie haben Sie sich gefunden und wie schaffen Sie es beide, sich immer wieder zu einigen?
"Kennengelernt haben wir uns über die Hausbank, die unser Unternehmen betreute und in der Klaus Emler aktiv war. Mit Klaus arbeite ich über 20 Jahre zusammen. Wir brauchen viele Themen gar nicht mehr zu besprechen, da wir ein eingespieltes Team sind. Oft wissen wir, was der andere denkt, bevor er es ausgesprochen hat."
Sortimo hatte ja kürzlich 50. Jubiläum. Eine lange Zeit, wie kamen Sie auf die Idee bzw. welche Notwendigkeit gab es, die neue Sparte E-Mobilität zu bespielen? Wo ist da der Anknüpfungspunkt zum bisherigen Kerngeschäft Fahrzeug-Innenausbau?
"Es sind zwei verschiedene Sparten, die aber in Zukunft komplett zusammenwachsen werden. Mit unseren professionellen Mobilitätslösungen statten wir Handwerkerfahrzeuge und Serviceflotten aus. Dabei war uns früh bewusst, dass der Trend in den nächsten Jahren zur Elektromobilität geht. Die Frage war daher nur, sind wir proaktiv oder lassen wir die Entwicklung auf uns zukommen? Wir haben uns für den proaktiven Weg entschieden. Wir wollten das Thema Elektromobilität von Anfang an nicht nur kennenlernen, sondern auch im Detail verstehen, den sich daraus ergebenen Vorsprung nutzen und unsere Lösungen auf Elektrofahrzeuge trimmen. In den nächsten fünf Jahre werden wir viele Elektrofahrzeuge ausstatten und da haben wir bereits jetzt einen Wissensvorsprung."
War Ihr Ladeterminal für den neuen Geschäftszweig ein Muss?
"Als wir ihn gestartet haben nicht, aber in Zukunft schon. Da wir sehr große Flotten ausbauen und die Fahrzeuge den Kunden geladen übergeben müssen, brauchen wir zwangsläufig einen Ladepark. Unsere aktuellen und potentiellen Kunden wie die Deutsche Bahn, E.ON oder Vodafone schwenken schon jetzt auf Elektromobilität um."
Kleine Kritik, ihr Ladeterminal funktionierte bis dato ja nur über ihre eigene App und das nicht optimal.
"Ich weiß, mit der App unseres Dienstleisters bin ich selbst nicht glücklich. Wir sind mit Nachdruck daran, das zu ändern, wobei es wahrscheinlich ist, dass wir von der App ganz weg kommen werden. Bei den neuen Fahrzeugen geht es immer mehr um Direct Charging, d.h. dass über die Fahrzeugkennung gar keine App mehr nötig sein wird. Die Umstellung ist allerdings sehr komplex, da diese nur direkt mit den Automobilherstellern möglich ist, die unsere Ladeterminals freischalten müssen. Darüber hinaus wollen wir unser Angebot auch für Funktionen anderer Fahrzeughersteller wie BMW, Volkswagen oder Mercedes öffnen. Letztere funktioniert bereits. Die nächsten sechs Monate geht es in die Breite."
Dann sind Sie gar nicht unglücklich, dass das Tankstellenkonzept der Barzahlung nicht geklappt hat?
"Unser E-Ladepark hat an sieben Tagen die Woche, 24 Stunden rund um die Uhr geöffnet. Daher gibt es im Terminal immer auch die Möglichkeit mit Kreditkarte oder PayPal zu bezahlen."
Wir waren jetzt in der Zukunft, aber nochmals zurück zu Ihren Anfängen als Unternehmer. Wie hat sich die Wirtschaft, aber auch die Rolle als Unternehmer bis heute verändert?
"Es ist deutlich schneller geworden. Früher waren getroffene Entscheidungen auf Jahre hinaus angelegt. Jetzt geht es um sechs bis zwölf Monate. Aussagen, was in drei oder fünf Jahren stattfindet, sind nicht mehr möglich. Ein Beispiel: die Corona-Pandemie. Wer Anfang 2020 einen Dreijahres-Plan gemacht hatte, der musste zwischendurch eine herbe Schlappe erdulden. Das war nicht planbar. Heute muss ich unternehmerisch agiler sein, mich schneller anpassen als zu Beginn meines Berufslebens."
Muss es denn immer um mehr Wachstum gehen?
"Eine Wirtschaft, die nicht mehr wächst, kann ihre steigenden Kosten nicht decken. Das ist das Problem der deutschen Volkswirtschaft: Sie wächst nicht mehr. Wir haben bereits seit zwei Jahren eine Rezension mit sinkenden Einnahmen und einer hohen Inflationsrate. Damit steigen die Kosten und unser wirtschaftlicher Handlungsspielraum wird immer kleiner. Wir brauchen sowohl in den Unternehmen als auch in der gesamten Volkswirtschaft Wachstum, um den gestiegenen Kosten vernünftig begegnen und in die Zukunft investieren zu können."
Die Wirtschaft spricht ja oft von Rahmenbedingungen. Was konkret wünschen Sie sich?
"Am wichtigsten ist der Abbau von Bürokratie. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat der Bundesregierung konkrete Vorschläge gemacht, die sofort umsetzbar sind. Die Energiepreise sind ein weiteres Thema, besonders bei dem hohen Energiebedarf, den wir in Bayerisch-Schwaben haben. Mein dritter Punkt ist die im internationalen Wettbewerb viel zu hohe Steuerlast."
Was ist ebenso wichtig? Zwei weitere Begriffe, die immer wieder fallen, sind Nachhaltigkeit und KI.
"Es wird immer wichtiger werden, im Zuge der Nachhaltigkeit, über eine Kreislaufwirtschaft nachzudenken, etwa durch den Einsatz von Mietmodellen. Auch muss uns bewusst werden, dass die Rohstoffe, die wir morgen verwenden werden, bereits heute auf der Straße sind."
Wie schaffen Sie es bei all diesen Themen, als Unternehmer und IHK-Präsident, ganz persönlich ihren Kopf frei zu kriegen? Was macht der Herr Braun privat, welche Hobbys haben Sie?
"Ganz einfach, ich fahre Fahrrad."
E-Bike oder klassisch?
"Ich fahre E-Bike (schmunzelnd), aber auch auf neudeutsch Bio-Bike. Mountain-Bike fahren ist für mich mit Abstand die beste Möglichkeit, den Kopf frei zu kriegen. Ich fahre ein paar Minuten und habe ganz andere Themen. Auf längeren Strecken ins Allgäu bin ich komplett bei mir und finde viel Zeit zum Nachdenken und sortieren meiner Gedanken. Zwar nicht an einem Tag, aber in Etappen habe ich schon die Via Claudia runter zum Gardasee gemacht. Darüber hinaus fahre ich auch gerne ins Bodensee- und Vorarlberg-Gebiet. Grundsätzlich versuche ich schon jede Woche, auch im Winter, mir eine Auszeit zum Radeln zu nehmen. Das mache ich seit 30 Jahren."
Sie sind ein fröhlicher Mensch, wie ich Sie so erlebe? Womit aber kann man sie ärgern?
"Bei manchen Themen in der Politik denke ich schon: das kann doch nicht wahr sein. Das Wichtigste als Unternehmer ist dennoch Zuversicht. Wenn du in der Früh aufstehst musst du das Gefühl haben, dass das ein guter Tag wird."