Projekt in Ulm stärkt Aufklärung und Betreuung bei K.O.-Tropfen-Vorfällen

„Kampf dem K.O.“

Das Phänomen der unfreiwilligen Einnahme von K.O.-Mitteln mit oder ohne Ausnutzung einer hierdurch hervorgerufenen Handlungsunfähigkeit ist ein allgegenwärtiges Thema, welches auch im Nachtleben von Ulm beobachtet wird. Seit etwas mehr als einem halben Jahr läuft das Projekt „Kampf dem K.O.“ in Ulm erfolgreich, um das Bewusstsein für die Gefahren zu schärfen.

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Bild: stock.adobe
Zur Sensibilisierung dieser Thematik führen das Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Ulm (Prof. Dr. Sebastian Kunz) zusammen mit der Stadt Ulm – Team Chancengerechtigkeit und Vielfalt (Diana Bayer) und Frauen helfen Frauen e.V. (Anja Schlumpberger) das (Präventions-) Projekt „Kampf dem K.O.“ durch. Finanziert wird es durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Landesmitteln, die der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat. Der Projektzeitraum ist auf ein Jahr ausgelegt und endet am 31. Dezember 2024.

Kostenlose und vertrauliche Tests
Auch wenn es aktuell noch zu früh ist, konkrete Zahlen zu nennen, so haben die Verantwortlichen durch das Projekt eine bessere Einschätzung des Problemfeldes um die K.O.-Thematik gewinnen können. 

Es zeichnet sich bisher ab, dass Ulm kein Hotspot bezüglich K.O.-Tropfen ist. Getestet wird in der Gewaltopferambulanz, in der Zentralen Interdisziplinären Notfallambulanz (ZINA), am Universitätsklinikum Oberer Eselsberg, in der Notfallambulanz der Frauenklinik der Uniklinik, im Bundeswehrkrankenhaus Ulm und in der Donauklinik Neu-Ulm. Ausgewertet werden die Proben vom Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Ulm. Dort wird großen Wert auf die Anschlussbetreuung Betroffener gelegt.

„Wir sehen ein deutlich zunehmendes, vor allem auch medizinisches Interesse an der Thematik der KO-Mittel, sowohl von Seiten der Partygängerinnen und Partygänger als auch der Clubbetreibenden.“ sagt Prof. Dr. Sebastian Kunz, Leiter der Gewaltopferambulanz.

„Das kostenlose und vertrauliche Testangebot ist für Betroffene enorm wichtig. Für die Personen, die sich testen lassen, hat das Testergebnis nicht nur rechtlich, sondern vor allem emotional eine große Bedeutung. Wir wollen Betroffenen Gewissheit geben, was mit ihnen passiert ist“, ergänzt Diana Bayer, Leiterin des Frauenbüros der Stadt Ulm.

Awareness-Kampagne
Das Testangebot wird im Rahmen des Projekts von einer breit angelegten Awareness-Kampagne unter dem Motto „Knockout? Ulm testet auf K.O.“ begleitet. Die Website www.ulm.de/ko-tropfen klärt rund um das Projekt und das Thema K.O.-Tropfen auf. Neben Handlungsempfehlungen im Notfall, Hilfsangeboten und der Aufklärung über die Gefahren von K.O.-Tropfen, finden hier künftig auch Veranstalter sowie Gastronomen hilfreiche Tipps zum Umgang mit potentiellen Opfern von K.O.-Tropfen. Die Website wird fortwährend aktualisiert. Alle Informationen stehen zudem auf Englisch bereit.

Ein Großteil der Aufklärungsarbeit findet über die Social-Media-Kanäle statt, um das Thema vor allem bei jungen Menschen ins Bewusstsein zu bringen. Unter @ko_ulmtestet präsentiert sich das Projekt auf Instagram, Facebook und Tiktok. „Wie präsent das Thema unter den Ulmerinnen und Ulmern ist, merken wir daran, dass sich immer wieder Betroffene bei uns melden und von ihren persönlichen Erfahrungen mit K.O.-Tropfen erzählen“, erklärt Leonie Hirt, Projektmitarbeiterin im Projekt „Kampf dem K.O.“. „Obwohl die Vorfälle oft schon einige Zeit zurückliegen, fällt es vielen Opfern schwer, das Erlebte zu verarbeiten“. Über Social-Media werden auch kurze Clips von Betroffenen geteilt. Hier wird deutlich, welche Emotionalität in dem Thema steckt und mit welcher seelischen Belastung die Betroffenen auch noch Jahre später nach einem Vorfall mit K.O.-Tropfen zu kämpfen haben. 

Auch der Basketballer Tommy Kleipeisz von ratiopharm ulm und Lennart Stoll vom SSV Ulm Fußball unterstützen das Projekt mit ihren Videos. Der Gründer des Awareness Teams Ulm, Sebastian Frenzel, ist ebenfalls mit einem Video dabei.

Gemeinsam mit der Digitalen Agenda der Stadt Ulm wurde zusätzlich eine Online-Beteiligungs-Plattform zum Thema K.O.-Tropfen aufgebaut. Neu ist auch die „K.O.-Awareness-Box“, welche dazu einlädt, kurz aus dem Getümmel des Alltags zu entfliehen, sich hineinzusetzen und ein kurzes Video zu schauen, in dem vor allem Betroffene über ihre Erfahrungen mit K.O.-Tropfen berichten. 

Um K.O.-Tropfen entgegenzuwirken und die Nachsorge und Betreuung von Betroffenen zu verbessern, haben sich die Projektpartner bereits mit verschiedenen Personen und Institutionen vernetzt – darunter Polizei, Rettungsdienste, Politiker, Studienvertretungen der Universität und der Hochschulen in Ulm und Neu-Ulm, Veranstalter und Gastronomen. 

Neben der Gewissheit für Betroffene verspricht das kostenlose Testangebot vor allem für Gastronomen einen großen Mehrwert. Verdachtsfälle können aufgeklärt werden. Bei einem negativen Ergebnis werden keine falschen Gerüchte gestreut. Fällt das Testergebnis positiv aus, können die Gastronomen reagieren, indem sie beispielsweise ihre Mitarbeitenden nochmal gezielt auf den Umgang mit Fällen von K.O.-Tropfen schulen. Der Verein Frauen helfen Frauen Ulm bietet in Kooperation mit dem landesweiten Präventionsprojekt „nachtsam“ Schulungen für Clubs, Bars und Veranstalter an. Im Rahmen des Projekts wird Getesteten immer geraten, sich auch nach einem Vorfall bei den Locations oder den Veranstaltern zu melden. So entsteht eine Feedbackschleife, die allen nützt und hilft, die Dunkelziffer der Fälle mit kleinen Schritten aufzuhellen.

Ausblick

Vom 25. September bis zum 27. November 2024 wird das Projekt „Kampf dem K.O.“ in einer Ausstellung im Erlebnisraum m25 vorgestellt. 

„Das große positive Feedback auf unser Ulmer Pilotprojekt „Kampf dem K.O.“ zeigt, dass die Politik beim Thema K.O.-Tropfen nicht mehr wegsehen darf, sondern aktiv werden muss!“ fasst Diana Bayer zusammen. „Unser Projekt ist ein erster, wichtiger Schritt! Irgendwann muss es für alle Betroffenen in Deutschland möglich sein, sich kostenlos auf K.O.-Tropfen testen zu lassen. Es darf nicht sein, dass die Opfer auch noch mit den Kosten für den Test allein gelassen werden.“