1 Mio. Euro für Uni Ulm aus der BMBF-Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“
Elektronischer Fingerabdruck
Jedes digitale System ist nur so gut wie die darin verbaute Hardware. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Zuverlässigkeit von elektronischen Bauteilen wie Chips, Leiterplatten oder programmierbaren Schaltungen. Mit der Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) möchte die Bundesregierung elektronische Komponenten und Systeme sicherer machen. Ulmer Wissenschaftler vom Institut für Mikroelektronik sind an gleich zwei Projekten beteiligt, die über diese Initiative gefördert werden. Sie erhalten insgesamt rund eine Million Euro für die Entwicklung eines elektronischen „Fingerabdrucks“ für Elektronikkomponenten, um einzelne Komponenten und integrierte Systeme eindeutig zu identifizieren.
Im Projekt VE-VIDES geht es um die Entwicklung eines ganzheitlichen Sicherheitskonzepts für Elektroniksysteme, das vor Angriffen, Manipulationen und vor Produktpiraterie schützen soll. Ziel ist es, elektronische Bauteile mit einem Fingerabdruck identifizierbar zu machen. Behandelt werden Anwendungsfälle aus den Bereichen Autonomes Fahren und Industrie 4.0. Später sollen die Ergebnisse auf die Medizin- und Kommunikationstechnik sowie die Luft- und Raumfahrt übertragen werden. Insgesamt zwölf Projektpartner sind an dem Projekt beteiligt, das vom Halbleiterhersteller Infineon koordiniert wird. Dazu gehören namhafte Industrieunternehmen wie VW, Bosch und Siemens sowie mehrere Mikroelektronik- und Halbleiter-Forschungsinstitute aus der Wirtschaft und Wissenschaft. Neben der Uni Ulm ist auch die TU Chemnitz sowie das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen mit von der Partie. Für die dreijährige Laufzeit des Forschungsvorhabens stehen den Beteiligten insgesamt 16,3 Millionen Euro zur Verfügung.
Ein zweites Verbundprojekt aus der Leitinitiative, an dem die Uni Ulm ebenfalls beteiligt ist, hat eine ähnliche Stoßrichtung. Unter der Abkürzung VE-FIDES widmet es sich gleichfalls der Herstellung digitaler Identität. Besonders im Fokus stehen dabei Verfahren, die es möglich machen, einzelne Bauteile sowie ganze Systeme über die gesamte Produktionskette zurückzuverfolgen. Ein Echtheitsnachweis soll dabei verhindern, dass gefälschte beziehungsweise minderwertige Elektronikteile in Umlauf geraten und verbaut werden.
Das von Siemens koordinierte Forschungsprojekt zählt neben der TU München, der Uni Ulm und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit die Unternehmen Continental Automotive, Infineon und Bischoff Elektronik zu seinen Projektpartnern. Auf VE- FIDES entfallen insgesamt gut 6 Millionen Euro, die ebenfalls für 3 Jahre zur Verfügung stehen.
Die Aufgabe der Ulmer Wissenschaftler vom Institut für Mikroelektronik besteht darin, einen fälschungssicheren physikalischen „Fingerabdruck“ für elektronische Leiterplatten, programmierbare Schaltungen und integrierte Schaltkreise (FPGA und Microcontroller) zu entwickeln. Der elektronische Fingerabdruck soll dabei helfen herauszufinden, ob ein Bauteil
ein Original ist. Wurde es verändert, um der Anwendung zu schaden? Ist es gefälschtbeziehungsweise unrechtmäßig nachgemacht? „In der eindeutigen Identifizierbarkeit von Elektronik-Komponenten liegt der Schlüssel zu mehr Zuverlässigkeit und Vertrauen“, glaubtProfessor Maurits Ortmanns. Und wie entsteht nun solch ein elektronischer Fingerabdruck? „Beider Produktion der Bauteile kommt es zu unvermeidlichen Prozessschwankungen, die im Nanobereich zu kleinsten Abweichungen führen. Ein erster roher Fingerabdruck entsteht mit der Erfassung dieser Vielzahl an zufälligen Unterschieden. Methoden der Signalverarbeitung, Kodierung und Verschlüsselung verbessern diesen Rohabdruck, und mit der anschließenden Härtung wird der Fingerabdruck robust gegenüber Temperaturschwankungen und Alterungsprozessen. Damit wird es möglich, das Bauteil über die gesamte Lebensdauer zu identifizieren“, erklärt der Ulmer Ingenieur.
„Deutschland ist Innovationsland. Es ist wichtig, dass wir uns bei Schlüsseltechnologien wie derDigitalisierung im internationalen Wettbewerb behaupten“, betonte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek laut BMBF-Bericht bei der Vorstellung der Leitinitiative „VertrauenswürdigeElektronik“. Letztendlich geht es bei der „Hightech-Strategie“ des Bundes um technologische Souveränität und um die Realisierung einer eigenen wirtschaftlichen Elektronik-Fertigung in Deutschland und Europa. Die Ulmer Wissenschaftler sind stolz, dass sie hierzu einen Beitrag leisten können.