2. Chance für den Ex?

Wann es (k)einen Sinn macht

Herz an Verstand: „Sollen wir es nicht noch einmal mit ihm probieren?“ Verstand an Herz: „Nee.“ Herz an Verstand: „Aus welchem Grund nicht? Schau doch, er guckt so traurig! Da zerreißt es mich schier!“ Verstand an Herz: „Ich kenne keinen, der so redet wie Du. Wer benutzt heute noch das Wort ‚schier‘?“ Herz an Verstand: „Lenk nicht ab.“ Verstand an Herz: „Gut. Er denkt nur an sich. Er mag auch völlig andere Sachen als wir. Und er riecht manchmal komisch.“ Herz an Verstand: „Er macht viel Sport, da riecht man halt mal. Und er sieht dabei so gut aus.. wenn an seinen Bauchmuskeln der Schweiß perlt…wie Tautropfen in der Sonne. Und wenn er dann seinen Kopf leicht schräg hält und einen Mundwinkel frech nach oben zieht. Hach. Und schau, er hat Blumen mitgebracht!“ Verstand an Herz: „Wenn er uns seine Niere spenden würde, DANN wäre ich beeindruckt. Blumen kann jeder.“ Herz an Verstand: „Also nein?“ Verstand an Herz: „Ach ich weiß es nicht.“ – Helfen wir Verstand und Herz ein wenig auf die Sprünge... 

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Wann ein zweiter Versuch keinen Sinn macht

1. Die Erinnerungen an die Beziehung sind verklärt – anders: Unsere Seele schließt die unschönen Erinnerungen an die Partnerschaft in unser mentales Kellerverließ ein und schiebt den Riegel vor. Ergebnis: Negative Erfahrungen werden schwieriger zugänglich gemacht. Die positiven Aspekte der Beziehung hingehen bleiben leicht zugänglich, damit seelische Wunden besser heilen können. Dieser clevere Prozess nennt sich psychologische Hygiene und ist ziemlich gigantisch. Ungünstig ist dieser Mechanismus jedoch, wenn dadurch eine Liebesillusion entwickelt und die beendete Beziehung im Rückblick als rosarot und schön empfunden wird. Die zahlreichen Streitereien und emotionalen Verletzungen hingegen gären im tiefen Nirgends unseres Unterbewusstseins, während wir freudestrahlend über ein Liebes-Comeback nachdenken. Sollten Sie solche Gedanken entwickeln, dürfen Sie sich Zeit für eine ehrliche Rückbesinnung nehmen: Schauen Sie sich alte Fotos an, fragen Sie Freunde und Familie, wie Sie als Paar zusammen erlebt wurden. Lesen Sie alte Nachrichten, Notizen oder – sollte Sie so etwas besitzen - in Ihrem Tagebuch: Wie hörte sich der Ton in der Partnerschaft an? In vielen Fällen führt dieser Realitätscheck zu einer Art Ernüchterung, der mit neuem Bewusstsein auf der Ebene ansetzt die Kellertür doch einmal aufzuschließen um zu schauen, was sich dahinter verbirgt. Wurde die Tür einmal geöffnet, wird der Gedanke einer Wiederbelebung der Partnerschaft oft mit vergraben.

2. Alles bleibt beim Alten. Wird eine Beziehung beendet, hat dies Gründe. Wurde an den Gründen nicht gearbeitet, sprich: keiner hat sich auf eine Weise weiterentwickelt, um anders mit den damaligen Trennungsbeweggründen umzugehen, dann ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein zweiter Versuch eine sichere Investition in den Wahnsinn. Frei nach dem Zitat von Albert Einstein „Immer das gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“  

3. Nur ein Part soll sich ändern. Ein beachtlicher Reinfall wird eine romantische Reunion oft dann, wenn wir bei den guten Vorsätzen für ein Beziehungs-Comeback ausschließlich beim anderen ansetzen und selbst keine Änderungseinsicht zeigen. Menschen, die mit der Einstellung „An mir hat es ja nicht gelegen“ in den neuen Versuch starten, dürfen einmal zum Abschied winken und sollten es bleiben lassen. Ein neuer Anlauf braucht die Initiative von beiden Seiten.

4. Die Trennungsphase war zu destruktiv. Bedeutet: Die Trennung war ein wahrer Rosenkrieg – Beleidigungen, emotionale Quälerei, Verachtung, Ausnutzung – eben das gesamte Repertoire an Kränkungen, die sich auf diese Weise durch Verzweiflung in Wut und Aggression entladen. Hat sich ein Paar auf solch eine Weise getrennt, hinterlassen diese Emotionen Spuren in unserem Inneren. Und es kann noch so viel Zeit verstreichen: Ein Misstrauen bleibt, das leise aber beharrlich sagt, wozu dieser Mensch fähig war. Werden für eine zweite Chance diese tief sitzenden Gedanken nicht aufgearbeitet, hat die Liebe ist so gut wie keine Chance.

5. Aus Bequemlichkeit. Am Ende besser, als allein zu sein? Solche Gedanken können schnell Fahrt aufnehmen. Sagen Sie beherzt: STOPP! Selbstredend ist niemand perfekt, aber genügt Ihnen der Anteil, den Sie an Ihrem Partner gut leiden können, um sich wieder ins bekannte Fahrwasser zu begeben, aus dem Sie sich bereits einmal freigeschwommen haben? Fragen Sie sich: Handle ich nur, weil mir das Unbekannte Angst macht und der Veränderungsschmerz größer ist als der Schmerz zu bleiben? Sollte Bequemlichkeit der Antrieb dafür sein, Ihre alte Liebe aufzuwärmen, dann verzehren Sie ein lauwarmes Mikrowellen-Essen anstatt ein zum niederknien köstliches Sieben-Gänge-Menü. 

Wann ein zweiter Versuch Sinn macht

1. Beide Partner können sich vergeben. Vergeben ist nicht gleich vergessen. Denn wir vergessen tiefe, schmerzhafte Erlebnisse nicht. Aber manchmal ist es möglich, sie zu vergeben. Auf diese Weise können tiefe Verletzungen ruhen und durch aufbauendes Vertrauen heilen. Die Vergebung ist jedoch nur eine Säule von vielen und trägt eine alte, neue Beziehung nicht allein. Von beiden Partnern ist eine geistige Weiterentwicklung überaus empfehlenswert.

2. Beide Partner haben sich weiterentwickelt. Die Wege haben sich eine Zeit lang getrennt und  jeder hat eigene Ziele verfolgt oder herausgefunden. Prioritäten im Leben und/oder in der Beziehung haben sich herausgefiltert. Manche Bedürfnisse wurden durch die getrennte Zeit gestillt oder neu formuliert. Beide haben durch den Abstand eine neue Sicht auf vergangene Dinge entwickelt. Gelingt es den ehemaligen Beziehungspartnern sich darüber klar zu werden und sich gegenseitig darüber auszutauschen, dann hat ein zweiter Versuch eine ernsthafte Chance verdient.

3. Nach vorn blicken ist möglich. Aufgewärmtes schmeckt nicht so lecker wie Frisches. Doch um herauszufinden, welche Aspekte damals zur Trennung beigetragen haben, benötigen Sie einen beherzten Blick in den Rückspiegel. Hat dies funktioniert und können Sie Belastendes verarbeiten, dann darf mit der Analyse aufgehört werden. Wichtiger Antrieb für einen neuen Beziehungsstart ist nun die zusammen entwickelte Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft. Der Vorteil: Die Hüllen sind bereits schon einmal gefallen und Sie kennen sich und Ihren Partner. Spannend ist die Frage, ob Sie gemeinsam mit den selben Zutaten ein neues Rezept finden können, welches Ihnen bekommt, nachhaltig ist und Ihnen hervorragend schmeckt. Dies funktioniert prima mit Mut und Kreativität für neue Wege. Vielleicht findet dieses Gespräch bei einer köstlichen Kürbissuppe statt – diese schmeckt aufgewärmt am besten. Text: Stefanie Steinbach