Duden-Neulinge und das Jugendwort des Jahres
Neue Wörter braucht das Land
Sprache ist lebendig: Sie verändert sich ständig und passt sich den Bedürfnissen der Gesellschaft an. Das zeigt sich besonders deutlich in der neuesten Ausgabe des Duden und auch bei der Wahl zum Jugendwort des Jahres 2024.
Im Jahr 2024 hat sich der Duden, das bekannteste Nachschlagewerk der deutschen Sprache, erneut um 3.000 Wörter erweitert. Krisen und gesellschaftliche Veränderungen stehen dabei besonders im Vordergrund. So wurden Begriffe wie „Klimakleber“ und „Extremwetterereignis“ neu aufgenommen. Sie stehen exemplarisch für die zunehmenden Diskussionen und Aktionen rund um den Klimawandel. Auch „Balkonkraftwerk“ und „Deutschlandticket“ sind neu dabei – Begriffe, die die Energiewende und neue Mobilitätskonzepte aufgreifen.
Ein weiteres Beispiel für den Einfluss aktueller Ereignisse ist die Aufnahme des Begriffs „Ukrainekrieg“. Auch „ChatGPT“ hat den Sprung in den Duden geschafft und steht für den zunehmenden Einfluss der Künstlichen Intelligenz in unserem Alltag. Ähnlich zukunftsweisend ist der Begriff „Metaverse“, der die virtuelle Realität beschreibt, in der Nutzer interagieren, arbeiten und spielen können.
Corona ist noch nicht vergessen
Die Coronapandemie hat ebenfalls ihre Spuren hinterlassen: Wörter wie „Antigenschnelltest“, „Coronaleugner/-in“ und „Gasmangellage“ sind nun Teil des Duden-Wortschatzes. Interessanterweise finden sich auch Veränderungen in den Ernährungsgewohnheiten im Duden wieder. Begriffe wie „Granola“ und „Tahini“ stehen stellvertretend für die Popularität gesunder und internationaler Lebensmittel. Auch „Fleischersatz“, „Nachhaltigkeitssiegel“ und „Kontaktgrill“ zeigen, wie sich die Essgewohnheiten in Deutschland verändert haben.
Streichungen und Rückkehrer: Der Duden räumt auf
Doch nicht nur neue Wörter wurden aufgenommen – auch alte Begriffe mussten weichen. Rund 300 Wörter wurden aus dem Duden gestrichen, darunter der veraltete Begriff „Frigidär“ für Kühlschrank und das „UMTS-Handy“, das durch den technischen Fortschritt überholt wurde. Ebenso verschwand der Begriff „Telex“, ein Kommunikationssystem, das vor der Digitalisierung weit verbreitet war, nun aber völlig aus der Nutzung verschwunden ist. Auch „Wählscheibentelefon“, ein Relikt aus der Zeit vor Smartphones, hat seinen Platz verloren.
Jugendwort des Jahres 2024: „Aura“ triumphiert
Parallel fand auch die Wahl zum Jugendwort des Jahres 2024 statt. Seit 2008 gibt der Langenscheidt-Verlag Jugendlichen die Möglichkeit, das Jugendwort des Jahres zu wählen. Eine Fachjury filterte aus Vorschlägen die Top 10, die anschließend zur Abstimmung gestellt wurden – 2023 hatte übrigens „goofy“ (2023) und 2022 „smash“ das Rennen gemacht. In der Endauswahl standen dann „Talahon“, „Aura“ und „Schere“.
Am Ende setzte sich ganz knapp der Begriff „Aura“ durch. Das Wort beschreibt die Ausstrahlung oder das Charisma einer Person und wird oft scherzhaft verwendet, um den „Coolness“-Faktor zu bewerten. Beispielsweise könnte man sagen: „Meine AirPods haben sich gestern nicht connected, und ich habe die Musik auf voller Lautstärke in der Öffentlichkeit abgespielt: -500 Aura!“
Neben „Aura“ gab es neun weitere Begriffe, die im Rennen um den Titel waren:
1. „Talahon“ – Ursprünglich aus dem Arabischen und mit der Bedeutung „Komm her“, wird dieser Begriff im Jugendslang verwendet, um den Stereotyp eines Jugendlichen zu beschreiben, der häufig Bauchtaschen und große Silberketten trägt. Der Begriff stößt teils auf Kritik, da er oft auf junge Männer mit Migrationshintergrund angewendet wird.
2. „Schere / Schere heben“ – Aus der Gaming-Szene stammend, steht dieser Begriff für ein Schuldeingeständnis oder das Bekenntnis, etwas getan zu haben, häufig begleitet vom passenden Emoji.
3. „Akh“ – Ein arabisches Wort für Bruder, das als Anrede unter Freunden benutzt wird und eine enge Bindung ausdrückt.
4. „Hölle nein“ – Eine deutsche Übersetzung von „hell no“, die als klare Ablehnung oder Widerspruch verwendet wird, etwa: „Am Samstag um 8 aufstehen? Hölle nein!“
5. „Yurr“ – Ein Slangwort aus den USA, das als Zustimmung oder Begrüßung genutzt wird und sich insbesondere über soziale Medien verbreitet hat.
6. „Yolo“ – Die Abkürzung für „You Only Live Once“, ein Ausdruck, der 2012 schon das Jugendwort des Jahres war und impulsive oder riskante Entscheidungen rechtfertigt, etwa: „Gestern mein ganzes Gehalt für Bubble Tea ausgegeben. Yolo.“
7. „Nein Pascal, ich denke nicht“ – Der Ausdruck stammt aus der RTL2-Sendung „Hilf mir! Jung, pleite, verzweifelt“ und ist mittlerweile ein humorvoller Weg, eine Ablehnung auszudrücken.
8. „Pyrotechnik“ – Dieser Begriff wurde durch den viralen Erfolg eines Liedes bekannt, das während der Fußball-EM in Deutschland populär wurde. Der Songtext „Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen, wir werden dafür kämpfen, und lassen Emotionen freien Lauf“ sorgte dafür, dass „Pyrotechnik“ als symbolischer Ausdruck für den Protest gegen das Verbot von Feuerwerk in Stadien steht.
9. „Digga(h)“ – Eine verbreitete Anrede unter Jugendlichen, die oft, aber nicht immer, für einen Freund oder Kumpel verwendet wird, z. B.: „Ey Digga, was geht?“
Fazit
Mit neuen Wörtern wie „Balkonkraftwerk“ und „Klimakleber“ zeigt der Duden, wie Sprache aktuelle Themen aufgreift. Auch Jugendwörter wie „Aura“, „Schere“, „Talahon“ oder „Yurr“ machen klar, wie stark TikTok & Co. die Jugendsprache prägen. Sprache bleibt dabei immer dynamisch und spiegelt wider, was die Menschen aktuell beschäftigt. |Text: Vera Mergle