Eine Kanulegende hat sich offiziell verabschiedet
Sag beim Abschied – leise Servus
Nein, dies erwarteten die handverlesenen Gäste nicht von Karl Heinz Englet, denn nach 66 Jahren Kanu Leidenschaft und 150 %-iger Kanu Begeisterung wussten die Geladenen, dass KHE – so seine Initialen, nicht „leise“ Servus sagen würde.
KHE hatte für jeden der knapp 50 Gäste eine einzelne Begrüßung zu seiner Abschiedsrede und stellte sie alphabetisch den Anwesenden vor. Eine tolle Idee.
Die Laudatio hielt der Vorstand der Kanu Schwaben Horst Woppowa und versprach nicht, sie kurz zu halten.
66 Jahre Kanu-Leidenschaft - „die Headline“ der sehr schönen Einladungskarte von KHE zeigt uns, da ist ganz schön viel zu berichten. Als Horst Woppowa 1967 aus dem Sudetenland über Neuburg an der Donau nach Augsburg kam, war es für ihn selbstverständlich, dass er sich den Kanu Schwaben anschloss, denn die waren mit Karl Heinz Englet das Maß aller Dinge im Slalom wie auch in der Wildwasser-Abfahrt.
Er war der Top-Star der damaligen Kanu-Szene:
· 8x Deutscher Meister
· 1 Vize-Weltmeisterschaft und
· 2x Wildwasser Mannschafts-Weltmeister
· dazu viele internationale Erfolge
Eine stolze und stattliche Bilanz. Von den 8 deutschen Titeln war auch der Gewinn des sogenannten „Grand Slam“ dabei, auf den er sehr stolz sein kann, denn dieses Kunststück gelang vor ihm noch keinem Kanuten.
Der Grand Slam ist der Gewinn aller 4 Disziplinen, das heißt
- Einzelsieg und Mannschaftstitel im Slalom
- Einzelsieg und Mannschaftstitel in der Abfahrt
Seine Überlegenheit demonstrierte er vor allem auf den schweren Naturstrecken wie der Loisach in Garmisch, der Lieser in Kärnten und der Passer in Meran.
Horst ging dann in seiner Laudatio auf den beruflichen Werdegang von KHE ein und kam dann zurück ins Jahr 1968: Da fiel die Entscheidung, dass der Kanu Slalom erstmals zu den Spielen 1972 in München ins Olympische Programm kommt. Horst „Ich erinnere mich noch, als junger Schwaben-Kanute, als unser damaliger Vorstand und Trainer Helmut Handschuh zu ihm sagte: „Dich Karl Heinz brauche ich jetzt nicht mehr als Sportler – Du musst Funktionär werden, denn wir wollen den Münchnern den Slalom abjagen und Augsburg zur Geburtsstunde des Olympischen Kanu Slaloms machen“. Ein harter, steiniger aber erfolgreicher Weg begann. 1972 – Ihr wisst es alle – ist es uns gemeinsam gelungen, wir bekamen die Spiele und einen neuen Eiskanal. Als Dank des IOC, des NOK und des DKV wurde Karl Heinz für seinen Einsatz auserwählt, das Olympische Feuer zu entzünden - eine einmalige Auszeichnung, die ihn, noch heute sehr bewegt. Das Olympische Feuer brannte damals in München, Kiel und Augsburg, wird’s das wohl nochmals geben? Viele Veranstaltungen wurden in den Jahren bis 1992 mit unser aller Einsatz ausgerichtet. Dann endlich, nach 20-jähriger Abstinenz, kam der Kanuslalom in Barcelona wieder ins Olympische Programm und Elisabeth Micheler-Jones wurde unsere erste Olympia-Siegerin.
Alle weiteren deutschen Gold-Kanuten sind Augsburger wie Ihr sicher wisst.
1996 Oliver Fix, 2000 Thomas Schmidt, 2008 Alexander Grimm und 2012 holte sich Sideris Tasiadis Silber. Ganz aktuell haben sich unsere drei Augsburger Melanie Pfeifer, Hannes Aigner und Sideris Tasiadis für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro / Brasilien qualifiziert – wir wünschen ihnen heute schon viel Erfolg.
Ab dem Jahr 1996 kann man sagen, dass die Veranstaltungs-Professionalität am Eiskanal Einzug hielt. Horst Woppowa: „Ich darf nun ein paar Highlights an Großveranstaltungen der letzten Jahre erwähnen, die wir zusammen mit der Stadt Augsburg und einem super Ausrichter-Team geschultert haben“
1985 Kanuslalom Weltmeisterschaft
1996 die erste Europameisterschaft im Kanuslalom
2003 die Kanuslalom Weltmeisterschaft mit 78 Nationen
2011 die erste Wildwasser Sprint Weltmeisterschaft
2012 Kanuslalom Europameisterschaft
2014 das Kanuslalom Welt Cup Finale
dazu viele nationale und internationale Begegnungen. Aber die Ausrichtung der Veranstaltungen waren für Karl Heinz nur die Pflicht – Horst verwies jedoch darauf, dass die Organisation der Events die Kür für Karl Heinz Englet waren, denn da steckte sein gesamtes Herzblut dahinter. Wir, die dabei waren, erinnern uns gerne an
· die einmalige Eröffnungsfeier zur WM 2003 vor 4.000 Besuchern auf der Freilichtbühne
· in der renovierten, ausverkauften Kongresshalle, die Europameisterschaft - Eröffnungsfeier 2012
· 2015 die Weltpremiere im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses „Der World Paddle Award“ – das Beste was bisher im Goldenen Saal stattfand, so die einhellige Meinung der Zuschauer und der Medien
Um eine gerechtere und bessere Sport- und Kulturpolitik für die Stadt Augsburg zu erreichen, ließ sich Karl Heinz sogar sechs Jahre in den Stadtrat wählen.
Bei so einem Anlass müssen auch die zahlreich erhaltenen Auszeichnungen durch die ICF, den DKV und den BKV erwähnt werden. Besonders hervorzuheben sind aber folgende Ehrungen:
1963 den „Goldenen Siegelring“ der Stadt Augsburg durch den Oberbürgermeister Dr. Klaus Müller
1964 Ehrenmitglied der Kanu Schwaben und des TSV 1847 Schwaben Augsburg
1965 Goldene Medaille der Stadt Augsburg durch den Oberbürgermeister Wolfgang Pepper
1969 Silbernes Lorbeerblatt, die höchste deutsche Sportauszeichnung, verliehen vom Bundespräsidenten Gustav Heinemann und überreicht durch den Innenminister Hans-Dietrich Genscher
1972 Entzündung des Olympischen Feuers am Augsburger Eiskanal
2014 Verleihung des „Silbernen Siegelrings“ der Stadt Augsburg für 6 Jahre im Stadtrat durch den Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl
2016 Ehrenvorstand der Kanu Schwaben
Was ist als Resümee zu sagen: Die Kanu Schwaben sind dankbar
· für all die Jahre, die Du Karl Heinz Vorbild für viele junge Sportler warst und dadurch schon eine Kanu Legende bist
· dass Du durch Deinen Einsatz, Geschick und Beziehungen mitgeholfen hast, dass wir zu einem der erfolgreichsten Kanu Clubs der Welt geworden sind.
Auf seine Frage an Karl Heinz: „Was hat Dich bewegt, Dich über einen so langen Zeitraum zu engagieren?“ antwortete er:
· weil ich wollte, dass es unseren Sportlern bessergehen soll als in anderen Clubs und
· dass wir Veranstaltungen auf höchstem Niveau durchführen können, die dem Image unseres Sports und dem Ansehen der Stadt Augsburg gerecht werden sowie
· die finanzielle Grundlage geschaffen wird, damit unser Club bestehen kann und weitere Spitzenkanuten aus Augsburg kommen.
Die Laudatio sollte zwar kurz werden, aber dies ist bei 66 Jahren Kanu Leidenschaft nicht so ohne weiteres möglich, aber Horst Woppowa hat eine wundervolle Laudatio gehalten. Die Vorstandschaft der Kanu Schwaben hat KHE bei seiner Abschiedsfeier die Ehrenmitgliedschaft verliehen, das war eine große Überraschung für ihn.
Anschließend stellte KHE seinen Nachfolger Merlin Holzapfel vor. Der BWL Student und Kulturliebhaber Merlin erhielt von ihm zum Stabwechsel drei Ordner mit wichtigen Unterlagen überreicht. Zusammen mit Horst Woppowa, Hans Peter Pleitner, Hans Koppold und Dr. Thomas Ohmayer ist Merlin Holzapfel in einem Team integriert, das zum Wohle der Kanu Schwaben und zum Ansehen der Stadt Augsburg Veranstaltungen auf höchstem Niveau organisiert. KHE bedankte sich bei den genannten Herren und weitere Kollegen, Kolleginnen für die zum Teil jahrzehntelange Tätigkeit und Zusammenarbeit. Stellvertretend sind dies Marianne Stenglein, Christian Doser und Peter Kreps. Seit 1985 designt und produziert Peter Bulach das Erscheinungsbild der Kanu Schwaben Veranstaltungen. Karl Heinz war und ist begeistert von den außergewöhnlichen Ideen in all den Jahren und vor allem für die toll gestaltete Einladungskarte. Er gab Merlin den Rat, mit diesem bewährtem Team weiter gut zusammen zu arbeiten. Dank ging auch an die Sponsoring-Partner und stellvertretend für alle Medien an Peter Deininger und Fred Schöllhorn. Last but not least dankte er allen bisherigen Oberbürgermeistern der Stadt Augsburg, Dr. Klaus Müller (der verlieh ihm 1963 den Goldenen Siegelring), Wolfgang Pepper (dem Olympia Bewerbungs-Oberbürgermeister), Hans Breuer (dem Olympia OB), Dr. Peter Menacher (dem Olympia Sieger OB), Dr. Paul Wenger, Dr. Kurt Gribl (dem Sanierer OB) und er dankte allen Sportreferenten und dem BLZ und aktuell Dirk Wurm dem derzeitigen Sportreferenten der Stadt Augsburg recht herzlich für die partnerschaftliche Zusammenarbeit. Seine Abschlussworte: „So das war’s – eine neue Ära beginnt, ich wünsche Dir lieber Merlin viel Erfolg!“
Im Anschluss daran stellte sich Merlin Holzapfel vor – die meisten der Anwesenden kannten ihn ja schon, da er KHE in den vergangenen Monaten ja schon assistierte.
Merlin: „Mit Stolz wurde ich vor einigen Monaten gefragt ob ich den Posten von KHE bei den Kanu Schwaben übernehmen möchte. Wie der FC Bayern im Fußball werden wir Kanu Schwaben manchmal als größter und erfolgreichster Kanu Slalom Verein Deutschland, ja vielleicht sogar weltweit, gehandelt. Mit Medaillen bei DM, EM, WM und Olympia in fünf verschiedenen Kanu Sportarten sind wir auch in der Breite top aufgestellt. Und darum habe ich sicherlich nicht das leichteste Los gezogen, in solch erfolgreiche Fußstapfen zu treten. In der Zeit als Funktionär hast Du, Karl Heinz, alle Olympiamedaillengewinner aus Augsburg und etliche Medaillengewinner bei Europa- und Weltmeisterschaften mit Deinem Engagement, Ideen und vor allem mit der so wichtigen finanziellen Unterstützung von Seiten der Sponsoren ganz nach oben gebracht. Es ist daher Motivation und Vorfreude zugleich, die mir die Energie und den Ehrgeiz geben, den Anforderungen und Erwartungen gerecht zu werden und Dein Lebenswerk ordentlich und pflichtbewusst weiter zu führen.“
Merlin steht mitten im Studium ( BWL/Marketing) und kann (er war bis im Vorjahr mit seinem Zwillingsbruder Gabriel sehr erfolgreich im Canadier Zweier im Leistungssport aktiv) – abseits vom theoretischen Teil – viel Praxisarbeit mitnehmen und kann auch weiterhin auf viel Unterstützung von KHE und dem Verein rechnen. Merlin bedankte sich für die Abschieds- bzw. seine Einstandsfeier und verwies auf den von ihm mit einem kleinen Kreis zusammengestellten Videobeitrag. Dort ging es um 66 Jahre pure Kanuleidenschaft von KHE seiner Jugend bis heute (der Videobeitrag kam sehr gut an).
Aber der Überraschung noch nicht genug, Christian Doser hatte eine Kanusport Extra Zeitung herausgebracht „mit allen Wassern gewaschen“, dort kamen „Alte- aber ewig Junggebliebene Weggefährten „ zu Worte wie Fred Schöllhorn, Marion Buk-Kluger, Arno Löb, Horst und Christa Woppowa Elisabeth Micheler-Jones, Peter Kreps, Fabian Dörfler, Christian Doser, Hans Koppold, Peter Deininger, Angela Stifter (Ross), Dennis Amedovski, Hans-Peter Pleitner, Merlin Holzapfel, Peter Bulach, Marianne Stenglein, Alexander Grimm, Herta Reitenauer, Bärbel Fendt, Dr. Thomas Ohmayer, Irmi Roth. Die Zeitung wurde von den geladenen Gästen geradezu verschlungen.
Ganz berührend war für den Kulturliebhaber Karl Heinz Englet der absolute Höhepunkt mit dem Tenor Benedikt Bader (ein Ohrenschmaus) und der Pianistin Rita Marx.
Schöner kann eine Abschiedsfeier nicht enden – wir wünschen unserem neuen Ehrenmitglied Karl Heinz Englet - alles Gute zum seinem 77. Geburtstag am 11.06.2016 und weiterhin viel Spaß beim Kanufahren / Kanusport und der Kultur!
Übrigens, als begehrter Interviewpartner war es gar nicht so einfach, ihn zu einem Foto mit seinem ältesten Freund Manfred Vogt (dieser wurde noch auf dem alten Eiskanal 1957 Weltmeister) einzufangen.
Marianne Stenglein/Referentin für Presse/11.06.2016