Interview: Harald Gloning ist Leiter des größten Friseurmuseums der Welt in Neu-Ulm
Stolze Auszeichnung für das Friseurhandwerk
Herr Zopf’s Friseurmuseum hat es geschafft: nach der Bewerbung beim Guinnes-Buch der Weltrekorde wurde es zum größten Friseurmuseum der Welt ausgezeichnet. Nicht ohne Grund: über 20.000 Exponate des Friseurhandwerks sind in den Räumen ausgestellt, Anzahl steigend. Im Interview verriet Museumdirektor Harald Gloning, wieso ihm das Weiterführen der Tradition wichtig ist und wie es zur Bewerbung in die Guinness World Records kam.
Wie sehr ehrt Sie diese Auszeichnung, die Sie durch ihre Bemühungen und dem Weiterführen von Heinz Zopfs Vorarbeit nun erhalten haben?
Harald Gloning: Dass wir das weltgrößte Friseurmuseum sind, ehrt uns natürlich sehr und wirkt extrem motivierend. Herr Zopf’s Friseurmuseum ist mir aus mehreren Gründen äußerst wichtig. Natürlich, weil ich das Lebenswerk von Heinz Zopf fortführen und in Ehren halten möchte. Aber auch, und das ist ebenso Herr Zopfs Ansinnen gewesen, um die total spannende, bewegte und imponierende Geschichte des Friseurhandwerks zu transportieren. Dabei geht es mir auch darum, das öffentliche Ansehen von Friseuren positiv zu beeinflussen. Dem Beruf hängt ja, vollkommen zu Unrecht, ein negatives Image an. Momentan, seit dem Re-Start nach dem Lockdown, weiß jeder seinen Friseur zu schätzen und ich wünsche mir, dass das so bleibt. Wenn wir mit unserem Museum dazu beitragen können, angehende Friseure stolz auf ihren Beruf zu machen und bei unseren Museumsbesuchern einen staunenden Eindruck zu hinterlassen, dann haben wir unser Ziel erreicht.
Wie aufwendig gestaltete sich die Bewerbung in London während der Corona Pandemie und wie muss sich ein Laie eine solche Bewerbung vorstellen?
Vor der Bewerbung stand die Recherchearbeit. In der Guinness World Records-Datenbank kann man nachschauen, ob dieser oder ein sehr ähnlicher Rekord bereits aufgestellt wurde. In unserem Fall konnten wir nichts dergleichen finden. Anschließend überlegt man sich den genauen Titel – der muss verständlich und präzise sein – und sendet die Bewerbung ein. Die Bearbeitungszeit dauert normalerweise bis zu 12 Wochen, kann aber in Zeiten von Corona auch mal länger dauern. Nun erhält man die Bestätigung des Rekordversuchs und auch den Hinweis, ob der gewählte Titel akzeptiert wird. Dann geht es in die heiße Phase des Sammelns von Beweisen und Dokumentierens. Hierfür gibt es sehr genaue Vorgaben von Seiten des Guinness World Record Komitees. Duplikate zählen beispielsweise nicht und alle Exponate müssen genau aufgelistet und von mehreren Personen bezeugt werden. Dieses „Beweismaterial“ wird Guinness World Record anschließend zur Verfügung gestellt und überprüft. Dann, nach einer erneuten Wartezeit, erhält man schlussendlich die Benachrichtigung, ob es geklappt hat und man nun der offizielle Rekordhalter ist.
Erwarten Sie sich nach Wiedereröffnung nun mehr internationale Gäste in Neu-Ulm?
Da sich Herr Zopf’s Friseurmuseum auf demselben Areal wie das Orange Hotel befindet, haben uns in der Vergangenheit bereits Gäste aus 42 Ländern beehrt. Natürlich hoffen wir aber auch da auf noch mehr Zulauf und einen gewissen Bekanntheitsgrad, auch über Deutschlands Grenzen hinaus. Jeder, der sich für Herr Zopf’s Friseurmuseum interessiert und sich von uns für die Entstehens- und Entwicklungsgeschichte des Friseurberufs begeistern lässt, ist bei uns herzlich willkommen. Soweit wir wissen, ist unser Weltrekord übrigens der erste und einzige offizielle aus Neu-Ulm. Das ist sicherlich ein Gewinn für unsere ganze Region.
Woher ersteigern Sie all die Exponate, die im Museum ausgestellt sind und wie teuer war das wertvollste Exponat?
In Deutschland gibt es eine Vielzahl umfangreicher und wirklich spannender privater Sammlungen. Oft sind das tatsächlich die Lebenswerke älterer Menschen, die über Jahre und Jahrzehnte hinweg aus Leidenschaft gesammelt haben. Gerade im Friseurthema gibt es eine große Community, die sich für die Historie des Friseurs begeistert. Diese Leute stehen dann natürlich irgendwann vor dem Problem, einen geeigneten Erben für ihre Sammlung zu finden. Herr Zopf’s Friseurmuseum hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau solche Sammlungen zu bewahren und zu verhindern, dass sie aufgelöst und verloren gehen. Unsere Exponate sind Schenkungen mit besonderen Erinnerungen und Geschichten, die wir der Nachwelt erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Welches sind Ihre absoluten Highlights in der Ausstellung, auf die sich Besucher hoffentlich bald wieder freuen dürfen?
Das ist eine schwierige Frage, denn Highlights gibt es Unzählige in Herr Zopf’s Friseurmuseum. Ganz besonders ist sicherlich der denkmalgeschützte Salon Harand aus Dresden. Ein wunderschöner, super erhaltener Friseursalon, in dem Berühmtheiten wie die Königin von Griechenland, Heinz Rühmann, Theo Lingen, Trude Herr und andere deutsche Filmgrößen frisiert wurden. Dann haben wir einige Barttassen in unserer Sammlung – wirklich skurrile Meisterwerke. Sie sind eine Erfindung, die zurück auf die Zeit Kaiser Wilhelms II. zurückgeht. Die Barttasse hat einen Steg, der den Bart schützt, damit dieser nicht mit dem Kaffee in Verbindung kommt und die Bartform auflöst. Sogar eine Barttasse für Linkshänder schmückt unsere Ausstellung. Außerdem gibt es bei uns einen über 100 Jahre alten Stand-Föhn von 1912/1914, einst betrieben mit Strom und Gas und nicht nur zum Trocknen der Haare, sondern auch für die Behandlung von Rheuma, Gicht und Furunkeln gedacht.
Wie bereitet sich das Museum auf eine mögliche Öffnung nach dem Lockdown vor und wie läuft ein Museumsbesuch dann „coronakonform“ ab?
Im Moment nutzen wir die Zeit, um uns ein Konzept für eine sehr umfangreiche Sammlung von alten Rasierapparaten zu überlegen und auch sonst gibt es immer neue Exponate, die sinnvoll und wertschätzend in die bestehende Ausstellung integriert werden müssen. Uns wird also nie langweilig. Für die Zeit nach dem Lockdown, haben wir bereits im letzten Jahr ein gut funktionierendes Hygienekonzept ausgearbeitet. Das ist die Einhaltung der typischen Regeln wie: das Tragen einer medizinischen Maske, Abstand halten, (Hand-)Hygiene, regelmäßige Desinfektion. Und da wir ohnehin keine regulären Öffnungszeiten haben, sondern individuell vereinbarte Termine inklusive einer Führung mit mir persönlich, können wir sowohl die Zahl der Besucher gut regulieren als auch die Maßgaben bezüglich des Kontaktes zwischen verschiedenen Haushalten einhalten.