Kolumne „See Mannsgarn“ Die Krone der Lebendigkeit

Schönwörterey

Moin Du Rabauke, Leinen los zu „Seemannsgarn“ – Vol. 21!

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Steffi Steinbach: Persönlicher Coach mit Hingabe, Mama, SchriftstellerinBild: Steffi Steinbach
Es ist Abend. Ich sitze gerade in meinem Sessel. Neben mir das Kaminfeuer, vor mir eine Kerze. Mangels Beistelltisch habe ich mir für mein Müsli den Hocker meiner kleinen Tochter neben mich gestellt, das ich seit Tagen nicht schaffe morgens aufzuessen. Wenn meine Seele trauert, dulde ich das Essen eher, anstatt es zu genießen. Mir ist heute fast den ganzen Tag kalt. Die Winterkälte zieht in meine Knochen und verharrt hartnäckig in meinen Zellen. 

Diese Zeilen sind echt. Aufrichtig. Und genauso geht es mir gerade. Ich fühle mich traurig, schmerzvoll und haltlos.

Wieso schreibe ich Dir das? Weil das jetzt in diesem Moment ein Teil von mir ist, den ich lerne anzunehmen, zu akzeptieren und zu lieben. Ich lerne, diese Verzweiflung in mir nicht wegzuschieben und zu unterdrücken (wie ich das sonst immer getan habe und wie das nach meinem Empfinden üblicherweise und oft in unserer Gesellschaft gehandhabt wird), sondern ich lasse es zu. Lasse diese dunkle und triste Seite in mir aufsteigen und ans Licht kommen. Diese Verletzlichkeit da sein, ohne mich dafür zu bewerten oder zu verurteilen. 

Meine unfassbar weise Freundin Susan hat auf eine Nachricht von mir – in der ich ihr unter Tränen ausführlich beschreibe, wie furchtbar es mir gerade geht – folgendes geantwortet:

„Steffi, das bist Du!

Das ist ein Teil von Dir!“ Ehrlicherweise wollte ich im ersten Moment lieber ein „das wird wieder“ oder ein „du bist so viel lichtvoller als das“ hören. Doch je öfter ich mir ihre Worte durchlese, beginne ich immer mehr zu verstehen: 

Es geht im Leben nicht darum, immer toll, lichtvoll und bestens gelaunt zu sein. So wollen wir uns meist gern sehen. Immer strahlend, immer alles im Griff, immer alles unter Kontrolle. Keine Abweichung vom „Normalzustand“. Doch erst in der Abweichung von diesem vermeintlichen und angesehenen „Normalzustand“ kommen wir an Teile von uns heran, die viel zu lange nicht angesehen, verbannt und ignoriert wurden. Weil das Fühlen dieser verstoßenen Seiten von uns extremst unangenehm sein kann. Und soll ich dir mal sagen? Ich habe mich noch nie so schlecht gefühlt. Und: Ich habe mich auch noch nie so lebendig gefühlt. Es ist wie eine bittersüße Symphonie, die auf einmal erklingt statt einem monotonen Massenhit, dessen Melodie ich nicht richtig hören kann. Ich erkenne immer mehr, dass es nur darum geht, zu fühlen und nichts damit veranstalten zu müssen. Einfach fühlen und gut. Doch viele von uns (inklusive mir) haben solche Angst vor dem Schmerz, dass sie sich lieber ablenken und mit Dingen beschäftigen, die spaßiger sind, als sich ihren Schattenseiten anzunehmen. Verständlich. Und dennoch liegt eben in dieser Dunkelheit das größte Geschenk verborgen: Das Geschenk, sich selbst zu erkennen, anzunehmen und diesen bisher ungeliebten Teil zu lieben. Heilung geschieht nicht auf einem Kreuzfahrtschiff auf Deck elf, wo Du kaum die Wellen spürst.

Heilung passiert, wenn Du bereit bist in eine Nussschale zu steigen und ins Wellental zu schippern. Um danach auf dem Wellenkamm wie eine Königin oder ein König zu reiten: Strahlend, lichtvoll und unfassbar toll. Ich persönlich gehe schon mal meine Krone holen. 

Von Herzen – auch und besonders in dunklen Lebensphasen – für Dich da. Schreib mir so gern.

In unbändiger Zuversicht,

Deine Steffi

Gefällt Dir, was ich schreibe? 

Ich freue mich unbändig, wenn Du mir auf Instagram folgst: steffi_steinbach 

Ich freue mich auf Dich!