Boykott wegen Inflation: Einzelhandelsumsatz in Kroatien bricht ein
Aus Protest gegen die stark steigenden Verbraucherpreise haben Verbraucherschützer in Kroatien eine landesweite Boykott-Aktion initiiert. Der Umsatz in Geschäften brach daraufhin am Freitag ein: Gegen 11.00 Uhr Vormittags seien 40 Prozent weniger Kassenzettel ausgegeben worden als am selben Tag der Vorwoche, wie die Steuerbehörde des Landes mitteilte. Der Gesamtumsatz sank demnach um 47 Prozent.
Der Protest zielte darauf ab, Druck auf die Einzelhändler auszuüben, die für anhaltend hohe Inflation verantwortlich gemacht werden. Der Boykottaufruf verbreitete sich seit Anfang der Woche in den Online-Netzwerken. Alle Kroaten wurden darin aufgerufen, am Freitag "nichts zu kaufen".
Gegen Mittag war ein Supermarkt im Zentrum der Hauptstadt Zagreb, der zu dieser Zeit normalerweise überfüllt ist, nahezu leer, wie ein AFP-Reporter berichtete. Medienberichte und Beiträge in Online-Netzwerken zeichneten ein ähnliches Bild in vielen Teilen des Balkanlandes.
Die Verbraucherschützer, die zu dem Protest aufgerufen hatten, zeigten sich zufrieden mit dem Ergebnis. "Die Händler haben sich eine solche Revolte nicht vorgestellt", freute sich Josip Kelemen von der Verbraucherorganisation Halo inspektore. Die Opposition, Gewerkschaften, einige Minister und mehrere Prominente hatten zur Unterstützung der Bewegung aufgerufen.
"Den Einzelhändlern wird kein finanzieller Schaden entstehen, aber dies ist eine wichtige symbolische Botschaft, dass die Preisabzocke aufhören muss",sagte Danko Horvat, der in einer Bar in Zagreb arbeitet.
Die Verbraucherschützer beschuldigen die Einzelhändler, die Hauptursache für die anhaltend hohe Inflation zu sein. Im Dezember waren die Verbraucherpreise in Kroatien um 4,5 Prozent gestiegen, während der Durchschnitt in der Eurozone bei 2,4 Prozent lag.
Wirtschaftswissenschaftler halten unangemessene Preiserhöhungen von Händlern jedoch nur für einen vergleichsweise kleinen Faktor. Verwiesen wird darauf, dass Kroatien, das seit 2023 den Euro nutzt, einen enorm aufgeblähten Beamtenapparat und einen der höchsten Mehrwertsteuersätze der EU (25 Prozent) hat. Außerdem kämpft das Land mit einer alternden Bevölkerung und der seit Jahrzehnten andauernden Auswanderung junger Menschen.
© 2025 AFP