#metoo - Sexuelle Belästigung in der Fahrschule

Rund 30 % unserer befragten Leserinnen waren schon einmal Opfer sexueller Belästigung ihres Fahrlehrers

Es ist ein Aufschrei von Frauen, die Opfer sexueller Gewalt oder Belästigung geworden sind. Die Rede ist von #MeToo – einem Hashtag, der seit einiger Zeit in den sozialen Netzwerken den Umlauf macht. Oft sprechen Frauen von Übergriffen am Arbeitsplatz, im öffentlichen Raum oder auch im privaten Umfeld. Was aber, wenn solche sexuellen Handlungen von Personen mit Vertrauens- und Autoritätsverhältnis ausgeübt werden?

Wenn die Fahrschule zum Verhängnis wird

„Ich wollte doch nur den Führerschein machen“ – ein Gedanke, mit dem viele Fahrschülerinnen sexuelle Belästigungen ihres Fahrlehrers hinunterspielen. Gerade in der Fahrschule, die man besucht, um seine Fahrerlaubnis zu erhalten und so als junger Heranwachsender einen weiteren Schritt in die Selbstständigkeit wagt, kommt es öfter als gedacht zu rechtswidrigen Übergriffen. 

Fahrlehrer haben aufgrund ihrer Ausbildungsfunktion ein gewisses Vertrauens- und Autoritätsverhältnis gegenüber ihren Fahrschülern. Sie begeben sich in seine Obhut, ordnen sich ihm fachlich sowie persönlich unter, um so ihrem Ziel der Fahrerlaubnis näher zu kommen. Diese Autorität wird bzw. wurde bereits von einigen Fahrlehrern ausgenutzt. Da die Fahrschule typischerweise von Jugendlichen besucht wird, genießt der Lehrer aufgrund des Reifeunterschieds eine gewissen
Respektsposition. Das führt dazu, dass Heranwachsende eine große Hemmung davor haben, sich gegen
Grenzüberschreitungen des Fahrlehrers zu wehren, denn „sie wollen ja nur ihren Führerschein machen“. 

Ab wann spricht man von sexueller Belästigung?

Diese Frage regelt der Paragraph 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Absatz 4 definiert sexuelle Belästigungen wie folgt: „Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“

Im Klartext heißt das, dass man sich keinerlei „Annäherungsversuche“ des Fahrlehrers gefallen lassen sollte – seien es Bemerkungen oder Handlungen. Sobald man sich unwohl oder entwürdigt fühlt oder gar schämt, muss man sich wehren. Ein Fahrlehrer, der sexuelle Handlungen während des Fahrunterrichts an Fahrschülern bzw. –schülerinnen vornimmt, verstößt gegen den §2 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG). In diesem steht geschrieben, dass die Fahrlehrererlaubnis nur erteilt werden darf, wenn gegen den Fahrlehrer keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf unzuverlässig erscheinen lassen. Im Falle einer sexuellen Belästigung gilt der Fahrlehrer ganz klar als unzuverlässig, da er seine Ausbildungspflicht missbraucht hat.

Wie reagiert man als Opfer?

Das Schlimmste, was man machen bzw. nicht machen kann, ist, das Thema totzuschweigen. Sollte der Fahrlehrer Sie in eine unangenehme Situation bringen, dann sprechen Sie das Problem an. Sagen Sie konkret, dass Sie sich belästigt fühlen und dass der Lehrer damit aufhören soll. Die meisten Täter rechnen nicht mit solch einer selbstbewussten Rückmeldung und werden so aus der Bahn geworfen. Verlassen Sie außerdem das Fahrzeug bzw. die Fahrschule. Sollte der Übergriff derartig schwerwiegend gewesen sein, so können Sie in jedem Fall auch die Polizei, Freunde oder Familienmitglieder kontaktieren. Das Wichtigste ist jedoch: Trauen Sie sich, nehmen Sie Ihre eigene Wahrnehmung ernst und reden Sie darüber!

Auch im Nachhinein können sich Opfer zur Wehr setzen. Sei es der Kontakt zu Polizeibehörden, Beratungsstellen oder auch Notruftelefonen – sie alle bieten Möglichkeiten zu helfen und das Erlebte zu verarbeiten. Auch der Austausch mit weiteren Betroffenen kann Wunder bewirken und von der unangenehmen Last befreien. In sozialen Netzwerken kursiert derzeit der Hashtag MeToo – ein digitaler Aufschrei von Opfern sexueller Übergriffe. Jeden Tag folgen weltweit neue Posts mit #MeToo und verdeutlichen das Ausmaß der Betroffenen. Doch ist es nicht nur eine Kampfansage gegen sexuelle Belästigung, vielmehr bieten die sozialen Netzwerke eine Plattform, um gemeinsam stark zu sein und um auf das Thema aufmerksam zu machen. 

Welche Strafen werden verhängt?

Seit ziemlich genau einem Jahr, nämlich dem 10. November 2016, werden sexuelle Übergriffen in Deutschland härter bestraft. Der neue § 184i im Strafgesetzbuch (StGB) stellt die sexuelle Belästigung mit dem „Nein-heißt-Nein“-Grundsatz unter Strafe. Der Paragraph setzt voraus, dass ein Täter eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt. Der Strafrahmen reicht von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren, bei besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren. 

Einem Fahrlehrer, der unsittlich gehandelt hat, droht neben diesem Strafmaß außerdem der Widerruf der ihm erteilten Fahrlehrererlaubnis. Damit darf er den Beruf des Fahrlehrers nicht mehr ausüben.