Minderjährige Flüchtlinge

 - In Sicherheit, aber allein



Die Kathloische Jugendfürsorge nimmt im Auftrag des Jendamtes immer wieder Flüchtlinge auf. Aus dem Iran, Eritrea, Syrien und Afghanistan kommen die jungen Männer, die hier in einer Wohngruppe des Förderwerks St. Elisabeth im Augsburger Univiertel leben. Sie leben zwar in Sicherheit, sind aber dennoch einsam.

Fast 200 Flüchtlinge werden momentan betreut

„Es ist ein unsägliches Leid für sie, dass sie von ihren Familien getrennt sind“, berichtet Anja Hindermayr, die den Bereich Wohnen im Förderwerk St. Elisabeth leitet. Im Amtsdeutsch heißen die jungen Menschen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, kurz UmF. Im Auftrag des Jugendamtes kümmert sich das Förderwerk St. Elisabeth, das zur Katholischen Jugendfürsorge (KJF) Augsburg gehört, jetzt um 12 Jugendliche. Auch in anderen Einrichtungen der KJF werden minderjährige Flüchtlinge betreut, insgesamt im Moment knapp 200.



Es steht immer vieles an für die Kinder- und Jugendlichen

Einer von ihnen ist der 17-jährige Amir (Namen geändert) aus Afghanistan, der jetzt im Förderwerk St. Elisabeth lebt. Er ist total motiviert, schnell Deutsch zu lernen. „Am liebsten würde er acht Stunden am Tag lernen“, berichtet Anja Hindermayr. Der Deutschkurs, den er im Moment besuchen kann, geht aber nur 20 Stunden die Woche. „Draußen komme ich ohne Deutsch nicht zurecht“, sagt Amir in gebrochenem, aber verständlichem Deutsch. Er würde sehr gerne eine Schreinerlehre würde er sehr gerne in Deutschland machen.

 Andere der jungen Flüchtlinge gehen in sogenannte Übergangsklassen in Augsburger Schulen. Ein Deutschlehrer kommt regelmäßig in die Wohngruppe, um mit den Jugendlichen zu lernen. Ansonsten stehen unglaublich viele Arzt- und Behördentermine an, zu denen die Mitarbeiter die jungen Flüchtlinge begleiten. Auf der Wohngruppe gibt es außerdem ein hauswirtschaftliches Training. Rund um die Uhr sind die Mitarbeiter der Wohngruppe für die jungen Flüchtlinge da.



Die Voraussetzung ist ein sicherer Ort

Alle haben sie schlimme Erfahrungen hinter sich, die meisten zeigen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Einer wird bereits in der Traumaambulanz des Josefinum betreut. Bei den anderen steht zunächst das Ankommen in der Wohngruppe im Vordergrund. „Die Voraussetzung für eine Therapie ist ein sicherer Ort“, so Hindermayr. Daher müssen sie jetzt erst hier zu ihren Betreuern sichere Bindungen aufbauen. Trotzdem sind es auch ganz normale Jugendliche, die in der Pubertät sind, ihre Grenzen austesten, sich in der Gruppe behaupten müssen. Auch die unterschiedlichen Nationalitäten müssen zusammenfinden. Ganz gut klappt das zum Beispiel schon am Mittwochabend. Da haben die Mitarbeiter Teamsitzung und die Jugendlichen kochen dann gemeinsam ohne Aufsicht. "Jeder möchte etwas Typisches aus seiner Heimat zum Abendessen beisteuern", berichtet Carolin Faßnacht, die Diplom- und Trauma-Pädagogin leitet die Wohngruppe.



Hunger und Essen ist ein sehr großes Thema

Die genauen Fluchterlebnisse sind für die Mitarbeiter der Wohngruppe erst einmal zweitrangig. Die jungen Flüchtlinge werden auf der Wohngruppe ganz bewusst nicht gezielt danach gefragt. Nur wenn sie von sich aus erzählen, hören die Pädagogen sensibel zu. Denn schnell können die traumatischen Erlebnisse sonst wieder wachgerufen, eine sogenannte Rückführung in das Trauma ausgelöst werden. Dann reagieren die Jugendlichen für Außenstehende unerklärlich, wirken wie der Wirklichkeit entrückt.

 „Unsere Aufgabe ist es vielmehr herauszufinden, wie jeder Einzelne von ihnen tickt und sie dann auf schwierige Situationen so vorzubereiten, dass sie sich selbst regulieren können“, so Anja Hindermayr und gibt ein konkretes Beispiel. Hunger und Essen sind ein sehr sensibles Thema, denn jeder der zwölf hat Hunger auf seiner Flucht erlebt, daher kann bereits ein nicht ganz prall gefüllter Kühlschrank Panik auslösen. Darum weisen die Mitarbeiter darauf hin, wenn zum Beispiel Jogurt oder Bananen zur Neige gehen: „Hast Du gesehen, dass nur noch drei Bananen da sind? Wenn Du noch eine möchtest, solltest Du Dir jetzt eine nehmen oder später einkaufen gehen.

Es muss sicher gegangen werden das alles richtig verstanden wird

“

Jeder der Jugendlichen hat einen Vormund. Regelmäßig kommen diese sowie auch Dolmetscher zu Besuch. Denn gerade bei den rechtlichen Dinge des Asylantrags müssen die Mitarbeiter der Wohngruppe sicher sein, dass die jungen Flüchtlinge sie auch verstanden haben, so Carolin Faßnacht. Aber auch viele bürokratische Fragen müssen mit den jungen Flüchtlingen immer wieder besprochen werden: Darf ich bleiben? Warum habe ich keinen Ausweis, warum hat ein anderer Junge der Wohngruppe einen Ausweis? Die rechtlichen Dinge sind für sie alle undurchsichtig und dadurch angsteinflößend.

 Ein Ziel haben sie alle: schnell Deutsch lernen und dann einen Beruf erlernen. Und auch die Mitarbeiter der Wohngruppe lernen von ihren Flüchtlingen, wie Carolin Faßnacht berichtet, zum Beispiel ein paar Worte Arabisch. "Schnell, schnell" heißt etwa "yalla, yalla" und wird oft gebraucht, zum Beispiel jetzt als einer der Flüchtlinge los muss zu einem Zahnarztermin.