Wie sinnvoll sind Triggerwarnungen?

Schutz oder Übervorsicht?

Immer häufiger werden auf Social Media und besonders in Podcasts oder YouTube-Videos sogenannte Triggerwarnungen ausgesprochen, bevor sensible Inhalte kommen. Doch was genau steckt dahinter? Und wie sinnvoll ist das Ganze?

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Bild: stock.adobe
Noch schnell einen spannenden Streifen auf Netflix herausgesucht und los geht’s mit dem Filmabend – doch bevor die entscheidende Szene beginnt, erscheint eine Einblendung: „Achtung: Die folgende Szene enthält Darstellungen von Gewalt und Missbrauch.“ Das ist eine typische Triggerwarnung. Sie soll die Zuschauer darauf vorbereiten, dass im Folgenden Inhalte angesprochen werden, die bei manchen Menschen starke emotionale Reaktionen auslösen könnten. Selbiges findet sich häufig auch in Podcasts, sodass man als Zuhörer pausieren beziehungsweise die Passage überspringen könnte. Immer häufiger stößt man als Konsument auf Social Media und Co. auf derartige Warnungen.

Was genau ist eine Triggerwarnung?
Eine Triggerwarnung weist also darauf hin, dass gleich Inhalte folgen, die bei manchen Menschen negative emotionale Reaktionen auslösen können. Solche Reaktionen werden oft als „getriggert“ bezeichnet. Das können Erinnerungen an traumatische Erlebnisse, Angst oder Panik sein. Die Warnungen werden oftmals vor Inhalten platziert, die Themen wie Gewalt, sexuelle Übergriffe, Essstörungen oder Selbstverletzung enthalten. Ursprünglich kommen Triggerwarnungen aus der Psychologie, wo sie Menschen mit Traumata schützen sollen.

Ursprung & Entwicklung
Genauer gesagt stammen Triggerwarnungen aus der Therapie für Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). Hier wurden Trigger, also Auslöser für unangenehme Erinnerungen und emotionale Reaktionen, identifiziert. Mit der Zeit fanden diese Warnungen in immer mehr Bereichen des öffentlichen Lebens Verwendung. Heute gibt es sie nicht nur in therapeutischen Kontexten, sondern auch in der Popkultur, an Universitäten und in sozialen Medien, wo sie besonders viel Beachtung finden.

Beispiele für Triggerwarnungen
Dabei decken die Warnungen viele verschiedene Themen ab. Ein typisches Beispiel: In einer Vorlesung über Literatur könnte der Dozent sagen: „Achtung, die folgende Passage beschreibt Gewalt.“ Oder auf sozialen Medien – gerade in den aktuellen Zeiten: Ein Post über Krieg beginnt etwa mit den Worten „Triggerwarnung: Krieg und Gewalt“. Auf diese Weise können sich Menschen auf belastende Inhalte vorbereiten oder sie ganz vermeiden. Ein weiteres Beispiel findet sich im Alltag von Lehrkräften und Schülern. In einer Geschichte, die in einer Schulklasse gelesen wird, könnten Beschreibungen von häuslicher Gewalt enthalten sein. Eine Triggerwarnung im Unterrichtsmaterial lautet dann beispielsweise so: „Triggerwarnung: Diese Geschichte enthält Darstellungen von häuslicher Gewalt.“ Das gibt den Schülern die Möglichkeit, sich mental vorzubereiten oder mit der Lehrkraft über alternative Aufgaben zu sprechen.

Wie sinnvoll ist das Ganze?
Die Verwendung von Triggerwarnungen ist allerdings umstritten. Kritiker sagen, dass die Vorab-Warnungen übertrieben sind und vielleicht sogar das Gegenteil bewirken. Einige Studien zeigen, dass Triggerwarnungen die Angst vor dem bevorstehenden Inhalt erhöhen können, aber nicht die tatsächliche emotionale Belastung verringern. Zudem besteht die Gefahr, dass man durch zu häufige Warnungen abstumpft beziehungsweise diese nicht mehr ernst nimmt.

Befürworter hingegen sehen Triggerwarnungen als wichtige Maßnahme, um Rücksicht zu nehmen. Es sei demnach ein Zeichen von Respekt, Menschen vor potenziell belastenden Inhalten zu warnen und ihnen die Wahl zu lassen, wie sie damit umgehen möchten. Des Weiteren tragen solche Warnungen dazu bei, ein Bewusstsein für psychische Gesundheit und Traumata zu schaffen. Wenn auf die möglichen Auswirkungen bestimmter Inhalte hingewiesen wird, können Menschen sensibilisiert und über die Folgen von Traumata aufgeklärt werden.

Die wissenschaftliche Perspektive
Die Forschung zu Triggerwarnungen ist noch relativ neu und die Ergebnisse sind hierbei gemischt. Eine Studie der Harvard University aus dem Jahr 2018 fand heraus, dass Triggerwarnungen die emotionale Reaktion auf belastende Inhalte nicht signifikant beeinflussen – sondern stattdessen sogar teilweise bewirken, dass Personen sich sogar mehr mit den Inhalten beschäftigen, da diese durch die Triggerwarnung atttraktiver gemacht werden. Eine andere Untersuchung kam wiederum zu dem Schluss, dass Triggerwarnungen zwar die Angst erhöhen können, aber nicht die tatsächliche Belastung. Ein zentraler Punkt ist, dass Menschen unterschiedlich auf Inhalte reagieren. Was für den einen triggernd ist, kann für den anderen irrelevant sein. Daher ist es schwer, allgemeingültige Aussagen über die Wirksamkeit von Triggerwarnungen zu treffen. 

Ein möglicher Ansatz liegt in der Individualisierung von Triggerwarnungen. Anstatt allgemeine Warnungen auszusprechen, könnten spezifische Hinweise für bestimmte Zielgruppen entwickelt werden. Das würde es ermöglichen, gezielter auf die Bedürfnisse von Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Sensibilitäten einzugehen.

FAZIT:
Triggerwarnungen vor sensiblen Inhalten sind ein komplexes Thema: Sie bieten einerseits Schutz für Menschen mit traumatischen Erfahrungen, sind andererseits aber auch umstritten. Ob Triggerwarnungen als notwendig oder übertrieben angesehen werden, hängt oft von der eigenen Perspektive und den persönlichen Erfahrungen ab. Klar ist, dass das Thema eine wichtige Rolle in der Diskussion über psychische Gesundheit und Sensibilität im Umgang miteinander spielt und lieber eine Warnung zu viel als zu wenig ausgesprochen wird. |Text: Vera Mergle