Wiedersehen mit Kluftinger auf der Frankfurer Buchmesse
Lückenbüßer - auch eine Utopie zu fairem Umgang miteinander?
Ich traf Volker Klüpfel und Michi Kobr mal wieder auf der Frankfurter Buchmesse, der Grund ist klar, es gibt (endlich) wieder einen Band der Kluftinger-Reihe. Ich gebe, zu ich bin „Fangirl“ dieser Figur und mittlerweile auch der beiden Autoren. Als Journalistin ein "Outing" das gestrenge Leser und Leserinnen dazu bringen könnte, genau jetzt nicht weiter zu lesen. Aber einen Versuch wäre es doch wert, oder? Die 13., pardon 14. Publikation - „Weil es gibt ja noch den Weihnachtsklufti“, werde ich von Volker Klüpfel schon zu Beginn des Interviews aufgeklärt, „und es gibt noch unser Hörspiel Wetterleuchten“, fügt Michi Kobr an - ist eine, in der die beiden ganz bewusst ihre Haltung in puncto politischer Meinung zum Ausdruck via ihrer Titelfigur bringen möchten. Immer wieder haben Klüpfel/Kobr in den Geschichten um den Allgäuer Kommissar relevante, gesellschaftliche Themen aufgegriffen. In „Lückenbüßer“ greifen sie das Thema der Verschwörungstheoretiker auf und zeigen den Umgang politischer Akteure miteinander, der alles andere als fair ist, auf. Ihr Ansinnen: nicht per se die eigene Meinung in die Welt zu tragen, sondern vielmehr um einer Vereinnahmung zuvor zu kommen.
Klüpfel: „Dieses Mal ist es gewollt. Es ist oft auch intuitiv, da wir das Leben beschreiben, wie es eben im Allgäu stattfindet. Dieses mal hatten wir mehr als sonst eine Message. Wir haben eine Meinung zur Welt und unserem Land und die wollten wir mit einbringen.“
Kobr: „Wir haben gemerkt, der Kluftinger ist ja ein sehr konservativer Mensch, dass wir uns nie wirklich positioniert haben, wie er genau politisch denkt. Daher bot er eine große Projektionsfläche.
Von einer bestimmten Warte aus betrachtet also eine Möglichkeit zu sagen, genau, der sieht es richtig. Daher war es den Autoren wichtig zu sagen: „Nein, das ist keiner von euch… Er hat das Herz noch am rechten Fleck. Und er reflektiert.“ (Kobr)
Und er zeigt wie man im politischen Tun agieren könnte. Es ist ja nun mal nicht einfach, gerade wenn man selbst gewählt werden will, sich (wie im Falle Kluftingers) hinter den politischen Mitbewerber/Gegner (hier Dr. Langhammer) zu stellen. Wenn es eben nicht mehr mit fairen Mitteln zugeht. Aber in gewisser Weise ist dies auch eine Utopie?
Klüpfel: Es ist natürlich ein Utopie. Jemand, der Haltung hat, der nicht ausgrenzt, die Ellenbogen ausfährt, dass der trotzdem unterstützt wird. Vielleicht ist dies zu positiv gedacht, aber es wäre schön.
Und wie ist die Resonanz?
Kobr: Wir haben nun schon Post von Lesern bekommen, dass wir ihnen politisch nicht passen und wir wohl jetzt auch auf die zensierte Massendenke eingeschwenkt sind. Sie sich daher von uns verabschieden.
Es gibt im Buch ja auch die Darstellung von genau dieser Eigendynamik auf Social Media und wie schnell Zustimmung in Unmut übergehen kann. Wie war das früher bei Euch?
Klüpfel: Es ist eine Entwicklung, die schon sehr alt ist. Auf unserer Homepage, noch bevor wir einen Facebook Account hatten, gab es ein Gästebuch. Das mussten wir irgendwann schließen, da es sich zu einem reinen Bashing-Medium entwickelte, auf dem sich Leute auf das Übelste ausgelassen haben, über uns, die Bücher und die Inhalte. Der Unterschied heute ist, früher geschah dies anonym, heute stehen die Schreiber mit Namen und Account dazu.
Noch einmal zu Eurer Intention, in diesem Band, fließt erstmals Eure Haltung ganz bewusst ein?
Klüpfel: Ja, sonst wenn er (Kluftinger) sich zum Zeitgeschehen äußert ist es zwangsläufig nicht unsere Meinung. Er ist eine Figur, deren Verhalten mit unserem nicht deckungsgleich ist. In diesem Fall wollten wir uns aber klar positionieren.
Konntet Ihr Euch das früher nicht leisten, braucht es dafür eine größere Bekanntheit, Popularität?
Klüpfel: im Gegenteil, Du hast doch viel mehr zu verlieren, wenn Du erfolgreich bist. Wenn Dir 30.000 Leser weg brechen würden, tut Dir das weh. Bei einem Erstling mit wenigen Lesern, hast du nichts zu verlieren.
Kobr: Es hat auch mit der Figur, die es seit 20 Jahren gibt, zu tun. Und die sich immer zu gesellschaftlichen Trends verhalten musste. Es war jetzt auf dem Tablet, dass auch er sich äußern musste, seinen Parteikollegen sagen musste, wo er steht. Es war also auch in der Figur angelegt.
Klüpfel: Vor ein paar Jahren hat uns das Flüchtlingsthema, das auch vorkam, bereits Leser gekostet, die diese Thematik im Kluftinger nicht lesen wollten.
Zu Euch, habt Ihr von Eugen Figuren etwas angenommen? Volker etwa, bist Du jetzt nach all den Jahren auch etwas mehr Kluft?
Klüpfel: Das setzt ja voraus, dass ich mich mit Langhammer mehr identifiziere.
Anders, wie viel Kluft, wie viel Langhammer steckt in Dir?
Klüpfel: Ich kann das nicht in Prozent ausdrücken, sicher habe ich von beiden Züge. Aber man würde bei jeder Figur im Buch Charaktereigenschaften von sich finden. Im Prinzip sind es fiktive Figuren.
Kobr: Aus der Kluftinger-Perspektive ist es leichter zu beantworten. Ich persönlich habe über die Jahre den Langhammer gebraucht, um aus einer gewissen Kluftinger (mir) eigenen Sichtweise heraus zu kommen, um diese zu überdenken und offener zu werden. Ich habe ihn gebraucht.
Und gerade im Hinblick auf Langhammer hat dieser Band noch einen weiteren Aspekt.
Kobr: In so einer Serie muss mit Langhammer und Kluftinger auch mal etwas zu Ende kommen…
Aber das liest man am besten selbst in „Lückenbüßer“, dem aktuellen Kluftinger, erschienen bei Ullstein.