WSA-Stadtrat Peter Grab äußert sich zu der Rekordverschuldung der Stadt Augsburg
Chance zur Kehrtwende vertan
Peter Grab: "Am 26. Oktober 2023 hat der Augsburger Stadtrat die Chance vertan, eine Kehrtwende von der aktuellen Rekordverschuldung zu machen. Stattdessen wurde mit der 1. Nachtragshaushaltssatzung samt Nachtragshaushaltsplan 2023 die Rekordverschuldung beibehalten.
Ich habe als WSA-Stadtrat jeweils gegen diese Rekordverschuldungen und gegen die Rekord-Personalkosten gestimmt.
Dies auch deshalb, da bei den beschlossenen Haushaltsplanungen gleichzeitig von folgenden Rekordeinnahmen jeweils Ende 2024 ausgegangen wird:
- Schlüsselzuweisungen 185,0 Millionen Euro (also 35,4 mehr als 149,6 Millionen Euro Ende 2019)
- Brutto-Gewerbesteuer 205,0 Millionen Euro (also 33,7 mehr als 171,3 Millionen Euro Ende 2019)
- Einkommensteueranteile 204,8 Millionen Euro (also 38,4 mehr als 166,4 Millionen Euro Ende 2019)
Allein bei diesen drei ausgewählten Einnahmenposten sind es insgesamt 107,5 Millionen Euro Mehreinnahmen!
Diesen 107,5 Millionen Euro Mehreinnahmen stehen im gleichen Zeitraum 84,6 Millionen Euro Mehrausgaben gegenüber, wenn man die für Ende 2024 beschlossenen 488,0 Millionen Euro mit dem Schuldenstand in Höhe von 403,4 Millionen Euro Ende 2019 vergleicht.
Der beschlossene bzw. geplante Schuldenzuwachs beträgt somit von 2019 bis 2024 trotz hoher Mehreinnahmen stolze 21,0 Prozent!
Quellen:
https://www.augsburg.de/fileadmin/user_upload/buergerservice_rathaus/rathaus/finanzen/haushaltsplan/1_Haushaltssatzung_2023_2024_mit_Anlagen_Reindruck_neu.pdf (Grunddaten Einnahmen und Ausgaben, Seite 9 - mit Rechnungsergebnissen bis 2021 und Planzahlen ab 2022)
https://ratsinfo.augsburg.de/bi/___tmp/tmp/45081036/L2oOb2hFjtjeGE20bH0xLUNB4QULHtyRbMUFDasA/vifwqRsH/22-Anlagen/01/BSV_23_09768_Anlage_Entwurf1Nachtrag2023.pdf (Schuldenstand, Seiten 21/22 - mit Rechnungsergebnissen bis 2022 und Plan 2023)
Auch die Personalkosten der Stadt Augsburg entwickeln sich weiterhin überproportional. Kritisiert man diese Entwicklung im Stadtrat, kommt umgehend von den Regierungsfraktionen das Gegenargument, dass ja schließlich auch die Augsburger Bevölkerung zunimmt und dieser Zuwachs bedürfte auch mehr Personalstellen. Das stimmt. Nicht gesagt wird, dass der Bevölkerungszuwachs in Augsburg von 2017 bis 2022 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) 2,8 Prozent beträgt, nämlich um 8.210 Personen von 295.895 Personen Ende 2017 auf 304.105 Personen Ende 2022.
Dagegen stiegen im gleichen Zeitraum die Personalkosten von 272,9 Millionen Euro Ende 2017 auf 343,7 Millionen Euro Ende 2022 um beinahe das Zehnfache, denn das entspricht einer Steigerung von 70,8 Millionen Euro bzw. 25,9 Prozent!
Quellen:
https://www.augsburg.de/fileadmin/user_upload/buergerservice_rathaus/rathaus/statisiken_und_geodaten/statistiken/augsburg_bevoelkerungsbestand.pdf (Einwohnerzahl Ende 2017)
https://www.augsburg.de/aktuelles-aus-der-stadt/detail/erstmals-auch-zum-jahresende-die-300000-einwohner-marke-ueberschritten (Einwohnerzahl Ende 2022)
https://www.augsburg.de/fileadmin/user_upload/buergerservice_rathaus/rathaus/finanzen/haushaltsplan/1_Haushaltssatzung_2023_2024_mit_Anlagen_Reindruck_neu.pdf (Grunddaten Einnahmen und Ausgaben, Seite 9 - mit Rechnungsergebnissen bis 2021 und Planzahlen ab 2022)
Die Finanzpolitik der Augsburger Stadtregierung wirkt angesichts obiger Zahlen verantwortungslos. An dieser Verantwortungslosigkeit vor allem gegenüber nachfolgenden Generationen, die unseren jetzigen Lebensstandard nachträglich werden finanzieren müssen, hat sich zudem beschlussmäßig eine große Mehrheit des Augsburger Stadtrats beteiligt.
Verantwortungsvoll wäre gewesen, wenigstens einen Teil der enormen Mehreinnahmen zur Verringerung der Rekordverschuldung zu verwenden und die Steigerung der Personalkosten mehr der Bevölkerungsentwicklung anzupassen.
Ich zitiere diesbezüglich Bundesfinanzminister Christian Lindner, der am 21.04.2023 verlautbarte:
"Es ist ein Gebot der ökonomischen Klugheit, dass wir nicht weiter auf Kosten der Zukunft wirtschaften. ... die Politik muss neu lernen, mit dem Geld auszukommen, das die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stellen. Das ist ein Gebot auch der Bekämpfung der Inflation. Ich hatte mehrfach darauf hingewiesen: Ich war vergangene Woche beim Internationalen Währungsfonds und dessen Expertinnen und Experten geben uns und allen Volkswirtschaften den dringenden Rat: Reduziert die hohen Ausgaben, denn hohe Ausgaben auf Pump treiben die Inflation. Die Notenbanken ziehen die Geldpolitik an, die Zinsen steigen auch mit negativen Effekten. Wenn dann auf der anderen Seite aber die Staaten auf Pump weiter Ausgaben beschließen, dann konterkarieren sich Geld- und staatliche Finanzpolitik, dann wird die Inflation nicht bekämpft. Sie ist ohnehin ein zähes Biest, diese Inflation. Oberste Priorität muss haben, die Preisstabilität wiederherzustellen. Oberste Priorität muss haben, die Inflation zu überwinden, denn sie ist ein Verarmungsprogramm für die breite Mitte der Gesellschaft. Sie hindert die Wirtschaft an notwendigen Investitionen, weil man immer glaubt, die Preise könnten sich verändern und ein späterer Zeitpunkt wäre besser. Sie verändert die Marktwirtschaft selbst und die Möglichkeit, wie der Preis aufgrund von Angebot und Nachfrage zusammenkommt. Die Bekämpfung der Inflation hat für die wirtschaftliche Entwicklung also oberste Priorität. Und nur weil es unbequem ist, dürfen wir uns dieser Aufgabe nicht verweigern. Nur weil die Prioritätensetzung, mit dem vorhandenen Geld auskommen zu müssen, unbequem ist, dürfen wir uns dieser Aufgabe nicht verweigern. Allenthalben werden aber Bypässe gesucht. ... egal aus welchem Topf, auf welcher Rechtsgrundlage Schulden gemacht werden, Schulden sind Schulden, für die man Zinsen zahlen muss. Und deshalb dürfen wir uns nicht strangulieren. Angesichts dieser Zinsentwicklung müssten wir sonst in Kürze entweder scharf öffentliche Leistungen kürzen oder die Steuern erhöhen. Aber Steuern erhöhen, um Zinsen für die Schulden der Vergangenheit zu zahlen, das wäre volkswirtschaftlich nun wirklich kein guter Rat."
Quelle: https://www.fdp.de/pressemitteilung/lindner-rede-auf-dem-74-ord-bundesparteitag-der-freien-demokraten"