Mobbing am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und was man tun kann

Ausgrenzung & Kritik

Ein Kollege hat einen plötzlichen, unerklärbaren Leistungsabfall oder zieht sich komplett ins Homeoffice zurück, die Sekretärin meidet jegliche Meetings oder Begegnungen mit einer ganz bestimmten Person im Team – dahinter kann in manchen Fällen Mobbing am Arbeitsplatz stecken. Doch genau was zählt überhaupt zu Mobbing und was nicht, welche Folgen kann das Ganze haben und wie sollten Betroffene und Arbeitgeber am besten reagieren?

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Die Zahlen sind erschreckend: Studien zufolge hat in Deutschland bereits jeder Dritte Mobbing bei der Arbeit erlebt — die Dunkelziffer ist vermutlich noch um einiges höher. Außerdem wurde festgestellt, dass Frauen häufiger betroffen sind als Männer, gleichzeitig sind die Täter auch öfter weiblich.

Wann ist es überhaupt Mobbing?
Doch nicht jede Kritik oder Aussage am Arbeitsplatz ist direkt auch Mobbing. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts liegt Mobbing vor, wenn „Persönlichkeitsverletzungen in Form von Anfeindungen, Schikanen und Diskriminierungen regelmäßig, systematisch und über einen längeren Zeitraum stattfinden.“ Konkret bedeutet das: Die Handlungen finden wiederholt statt und verletzen die Persönlichkeitsrechte einer Person.

Doch die Definition hat auch ihre Schwächen, denn in manchen Fällen können bereits einzelne Handlungen Mobbing sein und schwerwiegende Folgen haben. Weitere Kriterien für Mobbing sind, wenn die betroffene Person äußert, dass sie sich diskriminiert fühlt und bei ihr dadurch negative (Langzeit-) Wirkungen auftreten. Solche Handlungen gehen von Ausgrenzung, Vorenthalten von Informationen oder Ignorieren bei Diskussionen über das Verbreiten von Gerüchten bis hin zu ungerechtfertigter, heftig geäußerter Kritik und Hänseleien. Erkennbar ist das Ganze etwa daran, dass jemand sich vollkommen zurückzieht, Veranstaltungen meidet, wenn bestimmte Kollegen oder Vorgesetzte anwesend sind oder die Leistung erkennbar nachlässt.

Doch warum kommt es überhaupt dazu, dass Menschen andere mobben? Meistens wollen die Täter dadurch ihren eigenen Selbstwert erhöhen. Durch ihre Handlungen sorgen sie also dafür, dass sich die Betroffenen minderwertig fühlen und dann auch so verhalten. So bekommen die Täter selbst zunehmend den Eindruck, dass sie „besser“ seien. Im Arbeitskontext bedeutet das dann, dass sie etwa vor anderen Kollegen oder Vorgesetzten besser dastehen und beispielsweise schneller aufsteigen. Ohnehin birgt dieser Bereich viel Konfliktpotenzial, weil am Arbeitsplatz nun mal mehrere Personen mit unterschiedlichen Zielen, Werten und Beziehungen zusammenkommen – Stress, Neid, Missverständnisse und vor allem Konkurrenzverhalten sind da vorprogrammiert. 

Wer mobbt? Wer wird gemobbt?
Auffällig ist nämlich auch: Gemobbte Menschen sind oft sehr gute Mitarbeiter, die manchmal einfach einen etwas anderen Arbeitsstil haben. Grundsätzlich gibt es hier zwei Möglichkeiten: Entweder mobben einen die Kollegen (Bullying) oder es sind die Vorgesetzten (Bossing). In manchen Fällen wird auch eine Führungskraft von den Mitarbeitern gemobbt (Staffing), ebenso kann auch die Belästigung eines Mitarbeiters durch Kundschaft Mobbing sein.

Formen des Mobbings
Mobbing tritt dabei in den unterschiedlichsten Formen auf – oftmals gehen die Mobbing-Täter sehr subtil vor, sodass es lange gar nicht direkt nach Mobbing aussieht. Geschossen wird aber meist gegen die Leistung und Kompetenz der Mobbing-Opfer oder ganz direkt gegen deren Ansehen oder Aussehen. Typische Formen von Mobbing sind dabei respektlose Kritik, die auch schnell persönlich wird und andere lächerlich macht, ebenso wie falsche Bewertungen der Leistung sowie systematische Ausgrenzung von Meetings oder gemeinsamen Mittagspausen. Auch Lügen, Gerüchte, Beleidigungen (direkt oder hinter dem Rücken der Person) und Über- sowie auch Unterforderung können Mobbing sein. Extreme Formen sind außerdem Sabotage, also bewusstes Manipulieren oder Streuen von Fehlinformationen, und zuallerletzt Gewalt im Sinne von Gewaltandrohungen, sexueller Belästigung, psychischer oder gar physischer Gewalt.

Was kein Mobbing ist
Doch abgesehen von diesen eindeutigen Formen ist nicht jegliches negatives Verhalten direkt Mobbing. Was nicht dazu zählt, sind beispielsweise gerechtfertigte (Ab-) Mahnungen vom Chef oder wenn jemand nicht grüßt, die Tür zuknallt oder sich in einem hitzigen Moment im Ton vergreift. 

Besonders schwierig ist die Einordnung und Sachlage beim Chef, denn dieser hat grundsätzlich ein Weisungsrecht gegenüber Mitarbeitern. Das bedeutet, dass eine Versetzung oder das Zuteilen weiterer Aufgaben legal sind. Was aber dennoch nicht geht, ist die Degradierung zu Arbeiten, die dem Ausbildungsstand oder Arbeitsvertrag nicht entsprechen. Ob es tatsächlich so ist, hängt aber von dem Einzelfall ab: Kein Mobbing wäre es, wenn der Arbeitgeber der Assistenz der Geschäftsführung die Aufgabe überträgt, die Transportmittel für kommende Geschäftsreisen zu organisieren. Soll die Assistenz der Geschäftsführung in Zukunft jedoch das Auto des Chefs putzen, kann man dabei von Mobbing sprechen. Es ist hier also ein schmaler Grat und dementsprechend sollte der Begriff Mobbing erst verwendet werden, wenn es dafür handfeste Beweise gibt. Denn steht der Vorwurf einmal im Raum, kann sich das Arbeitsklima schnell zum Schlechten verändern – vor allem auch für die Betroffenen selbst.

Auf lange und kurze Sicht betrifft Mobbing am Arbeitsplatz vor allem die Gesundheit und wirtschaftliche Existenz von Betroffenen. Dabei geht auch oft die Lebensqualität außerhalb des Arbeitsplatzes verloren. Das größte Problem daran ist, dass die Betroffenen mit zunehmender Zeit immer hilfloser werden. Denn wenn das Selbstwertgefühl lange Zeit klein gehalten wird, schaffen es die Betroffenen nicht mehr aus eigener Kraft, den Teufelskreis zu durchbrechen. 

Die genauen Folgen von Mobbing bei der Arbeit unterscheiden sich von Fall zu Fall. Es gibt aber einige Folgen, die immer wieder beobachtet werden. Das sind einerseits körperliche und psychische Folgen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Angststörungen, Schlaflosigkeit und sogar Burn-out und Depressionen. Andererseits gibt es auch soziale Folgen wie eine Verkleinerung des sozialen Umfelds inklusive sozialem Rückzug oder auch soziale Konflikte im Privaten sowie Misstrauen gegenüber anderen. Woran viele nicht denken: Auch wirtschaftliche Folgen sind oft ein Thema. Dazu zählt, dass man wegen schlechter Leistung gekündigt wird, geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat und eventuell auch hohe Arzt- und Medikamentenkosten tragen muss.

Die Rechte bei Mobbing und wie man reagieren sollte
Was sagt also das Gesetz zu Mobbing am Arbeitsplatz? Können sich Betroffene wehren? Ja, das können sie! Denn Mobbing am Arbeitsplatz ist strafbar. 

Im Gegensatz zu Frankreich oder Schweden gibt es in Deutschland zwar kein „Anti-Mobbing-Gesetz“, aber trotzdem haben Betroffene mehrere Möglichkeiten, sich zu wehren.

Was man als Betroffener selbst tun kann, ist zunächst eine Beschwerde gegenüber dem Arbeitgeber und Betriebsrat, denn beide sind gesetzlich dazu verpflichtet, Mobbing am Arbeitsplatz zu unterbinden. Auch eine Klage auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld ist möglich, jedoch braucht es dafür auch handfeste Beweise. Grundsätzlich sind für die meisten rechtlichen Schritte rechtsgültige Beweise notwendig, also beispielsweise regelmäßige E-Mails oder Textnachrichten mit Drohungen und Beleidigungen oder ärztliche Gutachten. Weitere Möglichkeiten sind dann die Leistungsverweigerung oder im letzten Schritt eine außerordentliche oder fristlose Kündigung.

Abgesehen davon gibt es aber auch die Möglichkeit, sich direkt am Arbeitsplatz zu wehren. Dabei ist aber Vorsicht geboten, denn Mobbing ist ein sehr emotionales Thema und muss immer sachlich und professionell angesprochen werden. Wer selbst von Mobbing betroffen ist oder es beobachtet hat, sollte vorsichtig vorgehen und nicht gleich mit einer Klage drohen. Manchmal reicht es nämlich schon, die Täter mit ihrem Verhalten zu konfrontieren. Wenn das nichts bringt, kann man aber entweder Hilfe innerhalb des Unternehmens suchen (bei unbeteiligten Kollegen, Vorgesetzten, Vertrauenspersonen, Konfliktbeauftragten oder dem Betriebs- oder Personalrat) oder außerhalb bei Beratungsstellen, Experten, Selbsthilfegruppen, einem Mobbingtelefon sowie auch beim Hausarzt, Psychologen oder Anwalt. 

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Wegen der allgemeinen Fürsorgepflicht müssen Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass Mobbing am Arbeitsplatz unterbunden wird oder erst gar nicht entsteht. Daher müssen sie entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Diskriminierungen treffen – ansonsten drohen Schadensersatzansprüche. Aus diesem Grund sind präventive Gegenmaßnahmen gegen Mobbing wie regelmäßige Mitarbeitergespräche, Teammeetings und Schulungen sowie die Ernennung eines Mobbing-Beauftragten sinnvoll. Kommt es trotzdem zu Mobbing, müssen Vorgesetzte eingreifen und die Täter dazu anhalten, das Verhalten sein zu lassen – beispielsweise in Form von Mitarbeitergesprächen, Ermahnungen oder Abmahnungen bis hin zur Kündigung.

FAZIT:
Mobbing am Arbeitsplatz findet häufiger statt, als viele denken. Weil dort unterschiedliche Charaktere und Interessen aufeinandertreffen, sind Neid, Konkurrenzverhalten und Co. hier vorprogrammiert. Oftmals mobben die Täter andere, teilweise sehr gute Mitarbeiter, um selbst besser dazustehen. Doch das systematische Ausgrenzen, Sticheleien, ungerechtfertigte Kritik und andere Formen des Mobbings können bei den Betroffenen zu schwerwiegenden Folgen wie Angststörungen oder sogar Burn-out führen. |Text: Vera Mergle