Die Kassenbonpflicht verärgert einige lokale Händler
Zettelwahnsinn in Deutschland
In Zeiten in denen Umweltschutz ein größeres Thema denn je ist und wir vielleicht doch lieber zum Thermobecher als zur Einweg-Lösung greifen, kommt nun die Kassenbon-Pflicht nach Deutschland. Was in manchen EU-Länder bereits seit Jahren die Regel ist, droht nun auch in Deutschland wahr zu werden.
Wer schon einmal einen Urlaub am sonnigen Gardasee in Italien verbracht hat, kennt die Situation: Schon beim Kauf einer Kugel Eis reicht einem hier der Kassierer einen Kassenzettel über die Theke. Bei vielen Deutschen sorgt das nur für Kopfschütteln. Auf genau diese Situation müssen sich nun alle Menschen in Deutschland einstellen. Denn die Kassenbon-Pflicht ist da. Ab sofort müssen Händler jedem Kunden einen Kassenbon zur Verfügung stellen. Ob auf Papier oder digital ist egal, jedoch stellt sich bei letzterem die Frage, wie sinngemäß und umsetzbar diese Lösung ist. Denn wer möchte schon beim Kauf einer Kugel Eis seine E-Mail-Adresse für die Rechnung per PDF herausgeben? Hier stößt man gleich an das nächste aktuelle Problem: den Datenschutz. Ob sich der Austausch von E-Mail-Adressen beim Kauf einer Kugel Eis durchsetzt, bleibt also abzuwarten.
Auch die umweltfreundliche Lösung, den Kunden erst zu fragen, ob dieser einen Kassenzettel wünscht und ihn danach erst auszudrucken, ist in Zukunft nicht mehr zulässig. Der Händler muss den Zettel dem Kunden ausgedruckt zur Verfügung stellen. Ob dieser ihn dann annimmt oder ablehnt, bleibt ihm überlassen. Wer sich an die neuen Vorschriften nicht hält, muss ab sofort mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 Euro rechnen.
Der Umweltaspekt
Durch die neue Regelung werden nun in Zukunft rund zwei Millionen Kilometer Bons zusätzlich gedruckt und das egal ob der Kunde den Bon haben möchte, oder nicht. Ausgedruckt wird dieser immer. Die Länge der zusätzlich ausgedruckten Kassenbons entspricht etwa 50 Mal der Länge des Äquators. Auch auf den sozialen Netzwerken lassen die Menschen ihrem Ärger Luft.
Des weiteren dürfen die Kassenzettel laut Umweltbundesamt nicht dem normalen Recyclingprozess zugeführt werden. Bei dem verwendeten Papier handelt es sich um Thermopapier, welches mit der Chemikalie
„Bisphenol A“ beschichtet ist. Der Stoff ist zwar aus dem Papier leicht löslich aber dennoch enthalten, um die das einfache Beschreiben des Beleges möglich zu machen. Bisphenol A kann nachweislich negative Folgen auf die Fortpflanzungsfähigkeiten haben. Jedoch darf die Konzentration von Bisphenol A in Thermopapier ab sofort nur noch 0,02 Prozent betragen.
Umweltfreundlichere Alternative
Die Firma „Ökobon“ bietet Händlern hierfür eine bessere und gesündere Alternative an. Das Unternehmen aus Aindling bei Augsburg vertreibt Papierrollen aus nachhaltiger Holzwirtschaft und ohne chemische Farbentwickler oder Phenole. Diese dürfen ganz normal mit dem Papiermüll entsorgt werden. Zu finden ist der Öko-Kassenzettel in zahlreichen Bio-Läden und den Filialen der britischen Kosmetikkette Lush. Einen Nachteil haben allerdings die Rollen von Ökobon trotzdem: Die Rollen sind teurer als die bisher verwendeten. Dafür sind diese aber eine gesundheitsschonendere und umweltfreundlichere Alternative für den kommenden Papierberg in Deutschland. „Wer unsere Produkte kauft, wird nicht primär auf den Preis schauen“, sagt Oliver Unseld, Geschäftsführer der Firma Ökobon. „Wir sprechen eine Händlergruppe an, die bewusst auf nachhaltiges Papier setzen möchte“.
Die Mehrkosten
Nicht nur das Papier kann also Mehrkosten verursachen. Kassen sollen ab 2020 durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicherer werden. Eine derartige Umrüstung kostet zwischen 300 und 500 Euro pro Kasse, was für kleinere Betriebe einen zusätzlichen Kostenpunkt darstellt. Ursprünglich sollten alle Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 umgerüstet sein. Das Finanzministerium gewährt nun allen Händlern noch bis Ende September 2020 Zeit, um die Umrüstungen vorzunehmen. Ab dann gilt die Vorschrift allerdings für jeden und wird auch durch Testkäufe kontrolliert.
Schutz vor Steuerbetrug
Die neue Regelung soll vor allem den Steuerbetrug erschweren, was laut Experten nicht funktionieren wird. Die Umstellung der Kassen würde zwar den Steuerbetrug eindämmen, die Beleg-Pflicht habe damit aber gar nichts zu tun. Sobald auf der Kasse der erste Tastendruck getätigt wurde, wird eine Transaktion eröffnet, welche sich nicht mehr ohne Spuren löschen lässt. Ob ein Kunde einen Beleg ausgedruckt bekommt oder nicht, ist dafür unerheblich. Somit wäre der entstehende Müll vollkommen sinnlos.
Was muss auf dem Kassenzettel ab 2020 stehen?
- Name und Anschrift des Verkäufers
- Datum und Uhrzeit des Kaufs
- Art und Menge der eigekauften Ware
- Transaktionsnummer des Kaufes
- Rechnungsbetrag und Steuersatz: hier müssen sowohl der Brutto-Betrag als auch der darauf anfallende Steuersatz angeben sein
- Seriennummer: Ab 2020 muss hier nun die Seriennummer des Kassensystems oder des Sicherheitsmoduls angeben werden
Wen betrifft die neue Regelung?
Betroffen sind von der neuen Regelung alle Unternehmer, welche ein elektronisches Kassensystem verwenden. Hierbei ist es egal, in welchem Bereich das Unternehmen tätig ist. Gastronomie, Handwerk, Dienstleistung oder Einzelhändler: alle müssen ab 2020 jedem Kunden einen Kassenzettel zur Verfügung stellen. Lediglich diejenigen, die eine offene Ladenkasse führen, sind von der Regelung nicht betroffen.
Gibt es Ausnahmen?
Einzelne Betriebe könne sich von dem Belegzwang befreien lassen, wenn diese „beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung“ nicht zumutbar wäre. So können sich beispielsweise Bars oder Kioske von der Belegpflicht befreien lassen. Hierzu muss ein Antrag beim zuständigen Finanzamt gestellt werden, welche diesen zwar genehmigt, aber jederzeit auch wieder widerrufen kann.