TRENDYone hakt nach: Was sagen lokale Händler zur Kassenbonpflicht?

Die Meinungen zur kommenden Verordnung sind gespalten

"Was halten Sie von der Kassenbonpflicht und welchen Einfluss hat dies auf Ihren Betrieb?". Unsere Redaktion befragte lokale Händler auf dem Wochenmarkt in Ulm und Augsburg über die ab heute gültige Kassenbonpflicht in Deutschland. Denn gerade für Kleinhändler ist diese Neuerung mit deutlichen Umstellungen verbunden. Auch der Handelsverband Bayern vertritt eine klare Meinung.

Wolfgang Puff, Handelsverband Bayern e.V. (Hauptgeschäftsführer):

„Allein im bayerischen Einzelhandel rechnen wir mit schätzungsweise mehr als 2,6 Millionen Kilometer zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr. Die Bundesregierung will mit der Bonpflicht die Steuerhinterziehung bekämpfen. Die Belegausgabepflicht führt jedoch nicht zu einem weiteren Sicherheitsgewinn, da sich die Transaktion bei einer mit einer technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgerüsteten Kasse sowieso nicht mehr ohne Spuren löschen lässt. Wir müssen einen Bon ausdrucken, obwohl der Kunde ihn möglicherweise gar nicht will. Unnötiges Papier wird verbraucht und die nicht benötigten Beleg müssen entsorgt werden. Ein echter Schildbürgerstreich!“

Martin Schmidt (grünesKorn glutenfreie Handwerksbäckerei Ulm):


„Grundsätzlich halte ich davon nichts. Es gibt zwei Gründe:  Erstens diese irrsinnige Verschwendung an Papier. Was der Bondrucker ellenlanges Papier raushaut ist ein totaler Quatsch. Und das Zweite ist die Generalunterstellung, dass alle Unternehmer, die hier ietwas auf dem Wochenmarkt verkaufen generell schuldig sind und Steuern hinterziehen. Das geht garnicht, das ärgert mich! Deswegen bin ich gegen diese Einführung der Bonpflicht. Alleine schon, wenn man sich ärgert, wie viel Papier da rauskommt, dann hat das schon einen gewaltigen Einfluss – von den Kosten ganz zu schweigen“.


Joachim Hofmann (Früchte Lieblein Augsburg)

„Das ist überhaupt kein Problem, weil wir schon immer Kassenbons mitgeben, wenn die Leute es annehmen, die meisten lassen es jedoch liegen. Bei uns gibt es keine Änderung: Alles bleibt wie bisher!“.

Peter Burger (Burger Zelte & Catering Ulm):

„Es ist grundsätzlich für den Kunden ganz gut, nur die Masse der Kunden wird es nicht interessieren, ob sie, wenn bei uns eine Bratwurst bestellt wird, einen Kassenzettel bekommen oder nicht. Ich halte es für schwierig, da es für uns viel mehr Aufwand ist: Sei es von den Geräten oder Druckern her. Wo will man diese platzieren? Das Müllaufkommen wird deutlich höher und die Papierschnipsel liegen dann überall auf dem Boden. Alles wird dann länger dauern, denn jeder Kunde, der hier ansteht und eine Feuerwurst haben möchte, bekommt dann einen Zettel. Das ist wieder ein weiterer Vorgang, dass der Grillmeister den Zettel abreißen und dem Kunden geben muss. Dieser Kunde muss wiederrum sagen, ob er ihn haben will oder nicht“.

Niklas Ringeisen (Geschäftsstellenleitung City-Management Kempten):

„Die geplante Einführung einer Kassenbonpflicht im Zuge des Kassengesetzes ist meines Erachtens ein bürokratischer Unsinn und würde vor allem für inhabergeführte Betriebe, wie beispielsweise Bäckereien oder Cafés einen immensen Mehraufwand für das Personal bedeuten, da in dieser Branche bisher weniger als drei Prozent der Kunden den Kassenbon ausgehändigt bekommen möchten. Daneben gilt es aus Gründen des Umweltschutzes zusätzlichen Abfall aus Papierbelegen zu reduzieren und nicht noch mehr Papiermüll zu produzieren. Die Folgen einer Bon-Pflicht sind erhebliche Mehrkosten für Papier, Druck und die Entsorgung liegengebliebener Belege. Vor allem für kleine, inhabergeführte Betriebe stellt dies eine große Herausforderung dar! Man kann nur an die Politik appellieren, dieses Gesetz zurückzunehmen und stattdessen auf manipulationssichere Kassensysteme zu setzen, mit denen Steuerbetrug nach Expertenmeinung wirksam verhindert werden kann“.



Martina Hampel (Blumen Gertraud Bosch Augsburg):

„Ich finde das nicht so gut, weil es mehr Aufwand ist und man auch viel mehr Zettel-Wirtschaft hat. Deswegen glaube ich nicht, dass das so viel bringt. Wir brauchen ein ganz neues Kassensystem und müssen viel mehr Papierkram erledigen“.

Marion Vogl (Wein-Kultur Österreich Augsburg):

„Wir haben eine Kasse seit einem Jahr mit einem normalen Kassenbon, wie es angefordert wird. Ich denke es ist einfach so und dann muss man es einfach befolgen. Solange es nicht so ausartet, dass jede Kugel Eis einen Extra-Bon braucht, denke ich, dass sich nicht viel ändert. Wenn man schon die neuen Kassen hat, ist das eigentlich normal. Für unseren Betrieb hat das keine Auswirkungen, weil wir sowieso alles, was wir gastronomisch verkaufen, bonieren und der Gast zahlt dann mit dem Bon. Da ist kein Unterschied zu davor“.

Michaela Haide (Marktfrau für biologisch angebautes Obst und Gemüse in Ulm):

„Ich halte es für überflüssig, weil ich mich komplett neu ausstatten muss und es mit sehr großem Aufwand verbunden ist.  Mir sträuben sich die Haare, wenn ich daran denke. Ich müsste echt einen Profi einstellen, der das macht, weil ich kann das als Marktfrau nicht. Mir liegt das Verkaufen und das Gemüse… aber bei dieser ganzen Elektronik, die da kommt, gruselt es mich fürchterlich“.

Anita Schäfer (Blütenstand Ulm):

„Es ist schon ein bisschen schwierig. Weil a) haben die Kunden oft keine Zeit bis man alles eingetippt hat, dann muss man mehr Warten und da muss der Kunde auch mitspielen… Und b) sind es Mehrkosten, die natürlich auf die Ware aufgeschlagen werden müssen, weil irgendwoher müssen die Mehrkosten reinkommen. Ich muss eine Kasse besorgen mit Stromanschluss. Das sind alles Kosten. Im Prinzip bedeutet das längere Wartezeiten für die Kunden, mehr Aufwand zum Aus- und Einladen, was aber noch machbar ist. Aber meine Kasse mache ich sowieso ordnungsgemäß, von daher ändert sich nichts. Es ist halt einfach noch mehr Überwachung vom Finanzamt“.

Ronald Plötz (Riesenbosna am Fuggerdenkmal Augsburg):

„Grundsätzlich finde ich das ganz okay. Man sieht es ja auch in Italien überall, dass das so gehandhabt wird. Aber gerade in unserem Bereich ist das ein bisschen übertrieben und auch fast nicht händelbar. Es wird vom Zeitaufwand her ein bisschen problematisch und auch der Umweltaspekt: Der Kassenzettel liegt dann nur in der Stadt herum, weil den keiner mitnimmt. Wer will denn einen Kassenzettel von einer Bratwurst in der Hand haben? Somit belasten wir nur sinnlos die Umwelt! Auch wenn ich mich damit oute, bin ich nicht gerade der große Greta-Fan, aber trotzdem müssen wir auf die Umwelt achten. Das machen wir im Betrieb schon immer und versuchen auf Plastik weitestgehend zu verzichten. Aber das mit den Bons ist einfach Quatsch“.

Christian Balletshofer (Bäckerei Balletshofer Augsburg):

„Für uns wird sich nichts ändern, wir haben die Kassenbonpflicht schon eingeführt. Es ist nicht so, dass wir dies für gut befinden, aber wir brauchen gegenüber dem Finanzamt ein Kontrollsystem und dies war für uns die einzige Möglichkeit. Nachhaltigkeit wird bei uns sehr großgeschrieben und dies versuchen wir in allen Bereichen umzusetzen, daher ist der Kassenbon für uns ein Dorn im Auge, aber leider momentan unumgänglich. Wir haben uns schon mit anderen Kontrollsystemen auseinandergesetzt, aber leider werfen diese große Lücken auf. Das, ich nenne es mal „Zettelsystem“ ist hier tatsächlich die sicherste Variante um den Vorgaben des Finanzamtes gegen Missbrauch gerecht zu werden“.