Landrat Eder schreibt Bundeskanzler Scholz wegen Flüchtlingskrise

»Sonst schaffen wir das nicht«

Nachfolgend eine Pressemitteilung des Landratsamt Unterallgäu: „Sonst schaffen wir das nicht!“ Landrat Alex Eder (40), FW Unterallgäu, schreibt sechsseitigen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz.

cropped-1693318913-bild
Große Probleme in den Landkreisen sieht der Unterallgäuer Landrat Alex Eder bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise und wendet sich an Bundeskanzler Olaf Scholz.Bild: Spielberg/Freepix
64ee00bb27990-eder-0488
Unterallgäu. „Es muss sich grundlegend etwas ändern, sonst schaffen wir das nicht.“ Der Flüchtlingszustrom beschäftigt den Unterallgäuer Landrat Alex Eder derzeit sehr. „Ich will es aber schaffen!“, schreibt er in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. Doch die Belastungsgrenze der Kommunen sei erreicht: „Wir spüren auf kommunaler Ebene direkt und nah, wie sich Ihre bundespolitischen Entscheidungen auswirken - und sind oft nur noch reaktive Kraft ohne Entscheidungsspielräume.“ Eder schildert in dem sechsseitigen Brief die Lage im Landkreis Unterallgäu, kritisiert einige bundespolitische Entscheidungen und macht konkrete Vorschläge, wie das Fluchtgeschehen gesteuert werden und Integration gelingen kann. Den Brief sendete er auch an Unterallgäuer Bundestagsabgeordnete - verbunden mit der Einladung, die Erstaufnahmeeinrichtung in Bad Wörishofen zu besuchen.

Die schwierige Suche nach Unterkünften auf dem angespannten Wohnungsmarkt sei bei weitem nicht das einzige Problem der Kommunen, schildert er in dem Schreiben. Zusätzlich zum reinen „Dach über dem Kopf“ fehle es an allem Weiteren: Kinderbetreuungsplätze, Sprachkurse, medizinische Versorgung. Nicht nur den Kommunen, auch den Bürgerinnen und Bürgern und den ehrenamtlichen Helferkreisen werde einiges abverlangt. Unter den aktuellen Bedingungen drohe die Stimmung in der Bevölkerung zu kippen. „Das dürfen wir nicht zulassen“, fordert der Landrat. Zudem dürfe man die Ängste der Menschen nicht ignorieren. „Ich kann die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger verstehen - und ich verstehe gleichzeitig, dass jeder einzelne, der bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung sucht, diesen auch bei uns finden soll“, macht er klar.

Eder kritisiert einige Entscheidungen der Bundesregierung - gewiss habe hier jede für sich betrachtet ihre Richtigkeit. Doch in der Summe erweckten diese den Eindruck, die Bundesregierung habe noch nicht verstanden, wie prekär die Situation in den Kommunen ist. Er kritisiert: „Die Signale der Bundesregierung lassen eine weitere Zuspitzung befürchten.“

Auf verschiedenen Ebenen macht Eder der Bundesregierung Vorschläge, wie die Situation entschärft werden könnte. Etwa fordert er, der Bund müsse Kommunen bei Schaffung von Unterkünften unterstützen. Zudem müsse die Betreuung der Flüchtlinge verbessert werden. Hier müsse der Bund den Kommunen finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um hauptamtliche Koordinatoren einzustellen.
Zudem schlägt Eder vor, statt auf Geldleistungen für Flüchtlinge mehr auf Sachleistungen zu setzen, um beispielsweise zu verhindern, dass mit dem Geld Schlepperkosten abbezahlt werden. Auch fordert er mehr Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten und schildert Ideen, wie vollziehbar ausreisepflichtige Personen leichter abgeschoben werden könnten.
Weltpolitisch bittet er den Bundeskanzler darum, sich für gewaltfreie Konfliktlösung einsetzen, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Zudem müssten Flüchtlinge innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten gerecht verteilt werden. Eder fordert außerdem, die Liste der sicheren Herkunftsländer in der EU zu harmonisieren und zu erweitern und europaweit die Integrations- und Sozialleistungen gemessen an den Lebens- und Sozialstandards der jeweiligen Länder anzugleichen.

Die Verpflichtung Deutschlands gegenüber Geflüchteten aus humanitären Gründen und christlichen Aspekten sei ihm absolut bewusst. Doch zur Bewältigung der Situation sei die Bereitschaft jedes Einzelnen mitzuwirken unabdingbar. „Vor diesem Hintergrund ist es in meinen Augen unumgänglich und dringend notwendig, den Zustrom von Asylsuchenden nach Deutschland zu begrenzen“, schreibt Eder.