Nachfrage bei Handwerksbetrieben zwischen Ostalb und Bodensee enorm hoch

Knappes Material bremst regionales Handwerk aus

In vielen Handwerksbetrieben zwischen Ostalb und Bodensee gibt es trotz Corona-Krise genügend Nachfrage nach Handwerkerleistungen und Kundenaufträge – aber kein Material, sie auszuführen. Die stockende Materialversorgung sowie die damit verbundenen Preisentwicklungen werden für viele Handwerksbetriebe im Gebiet der. Handwerkskammer Ulm zunehmend zum Problem

Es droht die Situation, dass sich dadurch Handwerksleistungen massiv verzögern und im Preis erhöhen. Der Handwerkskammer werden bereits seit Beginn des Jahres massive Preissteigerungen gemeldet. Die Lage scheint sich nun weiter zu verschärfen. So sind nicht nur die Holzpreise in den vergangenen Monaten um mehr als 50 Prozent gestiegen, der Stahlpreis um bis zu 90 Prozent und im Aluminiumbereich betragen die Preissteigerungen teilweise 100 bis 200 Prozent. Auch Dämmstoffe, Farben, Kabel, Kupfer und andere Halbleiter oder auch Kies und Sand sind knapp und entsprechend teuer. Insbesondere betroffen ist das Bauhauptgewerbe mit den Gewerken Maurer und Betonbauer, Zimmerer, Dachdecker, Straßenbauer und Gerüstbauer. Das sind in Summe knapp 1.500 Betriebe im Ulmer Kammergebiet. „Wenn es wegen des Rohstoffmangels auf den Baustellen nicht vorangeht und Bauprojekte teurer werden, dann liegt es nicht an den Handwerkerinnen und Handwerkern. Diese leiden selbst unter der derzeitigen Situation“, sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.


Die Handwerkskammer Ulm hat jetzt als Teil des deutschen Handwerks Ansatzpunkte für die Politik formuliert, wie auf die immer weiter steigenden Materialpreise reagiert werden kann. Da die beschriebene Problematik nicht allein auf Deutschland beschränkt ist, ist der zeitnahe, politische Dialog mit den EU-Partnern sinnvoll, um gemeinsame Lösungsansätze auf den Weg zu bringen. Bei öffentlichen Auftragsvergaben sei es beispielsweise erforderlich, dass Preisgleitklauseln zum Standard werden: verteuere sich das Material, so müssten die Auftraggeber – z.B. die öffentliche Hand – die entsprechenden Zusatzkosten übernehmen. Die Handwerksbetriebe könnten das Risiko nicht allein tragen. Die öffentliche Auftragsvergabe müsse jetzt ihre Marktmacht zeigen und mit gutem Beispiel vorangehen. Die Handwerkskammer appelliert zudem an die Politik, die regionalen Produktionsstrukturen durch die heimische Förderung von Gips, Sand und Kies zu stärken sowie die Fichten-Einschlagbegrenzungen in den Wäldern aufzuheben. Gleichzeitig müsse die Politik Regelungen zum Kurzarbeitergeld für die betroffenen Handwerksbetriebe verlängern, um diesen gegebenenfalls eine Liquiditätshilfe an die Hand zu geben.


Hintergrund der Materialverknappung sind die internationalen Versorgungs- und Lieferketten. Materialien wie Holz sind hierzulande auch deshalb zur Mangelware geworden, weil der Großteil der heimischen Produktion zu einem höheren Preis nach Übersee – insbesondere in die USA und China – exportiert wird, obwohl die Rohstoffe hier gebraucht werden. Zugleich haben Unternehmen, die beispielsweise Holz oder Metall produzieren oder weiterverarbeiten, aufgrund der Corona-Krise Nachfragerückgänge erwartet und dementsprechend ihre Produktion gedrosselt. Diese Fehleinschätzung der Nachfrage in der Krise hat zur Konsequenz, dass beim Handwerksbetrieb derzeit kaum noch etwas ankommt oder eben verknappt und verzögert. Betriebe, die an Rohstoffe kommen, würden dann auch auf Vorrat kaufen. „Wer derzeit überhaupt noch Material bekommt, hamstert, was er kriegen kann“, so Mehlich. Hinzu kommen attraktive Kurzarbeitsmodelle, die es den hierzulande produzierenden Betrieben ermöglichen, in der Krise „kostenoptimiert“ zu arbeiten und ihre Belegschaften in Kurzarbeit zu schicken, um Ergebnisse zu sichern. Dabei gibt es auf dem Markt eine hohe Nachfrage nach Produkten. Die Subventionierung dieser produzierenden Unternehmen dürfe nicht zur Produktionssteuerung führen.