Elvis Rexhbecaj im Trikot des FCA ein anderer als außerhalb des Rasens.
"Auf dem Platz kann man schon mal mit mir anecken."
Elvis Rexhbecaj kam im Sommer 2022 zum FC Augsburg. Gefühlt ist er schon länger da. Darüber und wie er sich selbst als Mensch und Spieler sieht, sprach Marion Buk-'Kluger mit ihm.
Elvis Rexhbecaj: So wie immer. Egal, wo ich gespielt habe, bin ich vorangegangen. Ich scheue mich nicht davor, meine Meinung zu äußern, ob positiv oder negativ. Auf dem Platz bin ich ein anderer Mensch und versuche, alle mitzureißen, auch die Fans. Wenn ich das Gefühl habe, dass wir sie jetzt noch mehr brauchen. Ich plane so etwas nicht, das kommt immer intuitiv.
Könntest Du die Identifikationsfigur sein, die derzeit verstärkt gefordert wird? Gefühlt bist Du für mich schon länger als erst etwas über zwei Jahre hier.
Das habe ich auch schon in anderen Vereinen, in Köln oder Bochum, wohin ich ausgeliehen war, gehört.
Ich war ein Jahr da und jeder sagte, gefühlt ist er schon seit zehn Jahren hier. Das spricht, glaube ich dann auch für mich, wenn ich unterschreibe, die Farben trage, dass ich mich mit dem Verein identifiziere und versuche, einfach das Bestmögliche zu machen. Aber muss man 15 oder mehr Jahre bei einem Verein sein, um eine „Legende“ zu werden? Es gibt Spieler, die drei, vier Jahre alles gegeben haben und dann mit Applaus verabschiedet worden sind. Das muss man vielfältig betrachten, was hat der Spieler gemacht, wie ist er aufgetreten, hat er wirklich alles gegeben? Ich versuche so ein Spieler zu sein, der immer alles gibt.
Trotz Deiner Fußball-Leidenschaft, was machst Du neben dem Platz, um die auch einmal aus dem Kopf zu bekommen, privat zu sein?
Ich bin jetzt 27, früher war ich nach Niederlagen so verkopft, habe noch wochenlang darüber nachgedacht. Mittlerweile schaue ich natürlich reflektierter darauf und versuche, mich auch privat abzulenken. Unternehme etwas mit meiner Freundin, meinen Schwestern und meinem Bruder, der oft zu Besuch kommt. Oder bin mit Physio Costa und Zeugwart Salva aus dem Staff unterwegs Für mich ist das ganz wichtig. Wir (Spieler) sind 24/7 zusammen, du bist hier die ganze Zeit in einer Blase. Um Fußball mal zur Seite zu schieben gehe ich spazieren, essen, besuche eine andere Stadt mit anderen Menschen, gehe in Cafés.
Du sagtest, Du bist ein anderer Mensch auf dem Platz, wie bist Du außerhalb?
Also, auf dem Platz kann man schon mal mit mir anecken. Aber außerhalb bin ich schon einer, mit dem man auskommt. Ich glaube schon sympathisch. (schmunzelt)
Was hat Dich angetrieben, Fußball zu spielen, war so toll, den Beruf des Profispielers einzuschlagen. Auf den ersten Blick klingt dies ja immer mega, auch finanziell? Doch das Leben ist schon durch getaktet?
Mit sechs, sieben Jahren habe ich im Verein in Brandenburg angefangen. Ich wuchs in keinem schönen Viertel auf, wenn wir auf der Straße waren, haben wir Fußball gespielt, so hat sich die Leidenschaft dafür entwickelt.
Es ist jedoch nicht immer alles so rosig wie es von außen aussieht. Klar, wir sind alle privilegiert, es ist der beste Beruf, den du haben kannst: du spielst Fußball! Aber es kommt so viel hinzu, die mediale Öffentlichkeit, du sollst kritikfähig sein, im Internet herrscht oft der pure Hass, den du von Fans anderer Vereine bekommst, weil du einfach nur ein Spiel gewinnst, die ganzen Beleidigungen im Internet. Das nimmst du dann auch irgendwann mit ins Privatleben. Ich bin mental ganz gut gestärkt, da ich in der Jugend sehr viel durchgemacht habe und eben wie erwähnt in keinem einfachen Viertel aufwuchs. Natürlich, wenn du als junger Spieler am Samstag Bundesliga schaust und die dreißig bis fünfzigtausend Zuschauer in den Stadien siehst, denkst du, das ist alles rosig. Aber alles mit Geld zu begründen, finde ich schwierig. Es gibt so viele Sportler, die nach der Karriere kaputt sind, eine neue Hüfte oder ein neues Kniegelenk brauchen. Geld allein ist da sicher nicht die einzige Motivation.
Du bist bekannt dafür, dass Du gern jede Position einnimmst, es hat sich ja auch verändert seit Du hier bist. Wo würdest Du Dich als Trainer selbst einsetzen?
Ich denke schon auf der Sechs oder Acht. Der Sechser wird immer als Abräumer vor der Abwehr definiert. Aber als Sechser kann man ja auch Tore machen, man kann sich vorne einschalten, vor allem wenn man mit zwei Sechsern spielt. Aber nichtsdestotrotz ist es für mich immer am wichtigsten, dass wir unsere Spiele gewinnen. Ob ich da jetzt auf die Torschützenliste komme oder nicht, ist nebensächlich. Wenn ich vorne eine Chance habe, versuche ich sie natürlich zu nutzen.
Welches Potential an Dir würdest Du gern noch weiterentwickeln?
Es gibt immer etwas zu verbessern: das Spiel mit dem Ball, die Torgefährlichkeit. Ich glaube ich hatte einige Chance, bei denen ich ein, zwei Tore mehr machen hätte können. Natürlich spielt auch das Glück eine Rolle, ich hätte auch vielleicht mehr Assists haben können. Ich glaube, das Komplettpaket mit offensiverem Spiel könnte ich verbessern.
Hast Du Idole im Fußball, in der Sportwelt?
Früher waren es (Lionel) Messi und (Luka) Modrić, die heute noch spielen. Aber in meinem Alter, gibt es keinen, von dem ich sage: das ist mein Spieler, dem eifere ich nach.
Elvis Presley, Dein Namensvetter, wäre heute 90 geworden. Waren Deine Eltern Elvis-Fans und kommt daher Dein Vorname?
Gute Frage, also meine Eltern sind keine großen Elvis Fans, aber mein Onkel meinte damals, nennt den Jungen doch so.
Und was ist Deine bevorzugte Musik?
R&B, Hip Hop, wenn ein Schlagersong geil ist, dann höre ich das auch, komplett wild durcheinander. Wenn mir die Musik gefällt, höre ich alles.
Elvis bedeutet „edler Freund“. Bist Du ein guter Freund?
Ich behaupte so was nicht gerne von mir, das müssen andere beurteilen.
Was willst Du nach Deiner aktiven Karriere über Dich lesen?
Dass ich bis heute schon Vieles richtig gemacht habe, überall meinen Fußabdruck hinterlassen habe, vor allem menschlich. Das ist es worauf ich am meisten nach der Karriere zurückschauen möchte. Dass man über mich sagt: dieser Junge hat wirklich alles auf dem Platz gegeben, auch wenn man auf die Mütze bekommen hat. Dass er in nicht so einfachen Jahren oder Monaten versucht hat, wirklich alles zusammenzuhalten. Und egal wie lange ich in einem Verein war, dass dort das Menschliche in Erinnerung bleibt. Die Leute mich nie vergessen, auch vielleicht immer daran zurückdenken, wie ich neben dem Platz war, und sagen: es wäre schön gewesen, wenn er noch länger da gewesen wäre oder noch immer im Verein wäre.
Und was willst Du lesen, was soll sich geändert haben, wenn die nächsten Spiele absolviert sind? (Anmerkung der Redaktion: das Interview wurde vor dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart geführt)
Dass wir diese Diskrepanz, die wir zwischen Auswärts- und Heimspielen haben, verkleinert haben, weil wir auch auswärts gepunktet haben. Ich hoffe, dass ich in den kommenden Monaten lesen werde, dass der FCA auf dem richtigen Weg ist.