Landrätin Indra Baier-Müller fordert differenzierte Lösungen

Kritik an Änderung zum Tierschutzgesetz

Die geplanten Änderungen des Tierschutzgesetzes, die im Herbst 2024 in Kraft treten sollen, stoßen in der Alp- und Landwirtschaft auf massiven Widerstand. Besonders die Vorschläge zur Neugestaltung der Nutz- tierhaltung, darunter das Verbot der Anbindehaltung und die Einschränkung nicht-kurativer Eingriffe, wie etwa das Enthornen von Rindern, sorgen für große Besorgnis. Die Vertreter der Landwirtschaft befürchten schwerwiegende Folgen für die Existenz tausender landwirtschaftlicher Betriebe, insbesondere in den Grünlandregionen Bayerns.

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V.l.n.r.: Christian Brutscher, Landrätin Indra Baier-Müller, Andreas Hummel, Kreisbäuerin Simone Vogler und Staatsminister Eric Beißwenger.Bild: Anja Neuhauser
Aus diesem Anlass fand im Landratsamt Oberallgäu ein Treffen von Vertretern der Alp- und Landwirtschaft sowie Politik statt, bei dem die Auswirkungen des Bundeskabinettsentwurfs erörtert wurden. Ein zentrales Anliegen war dabei das drohende Verbot der Anbindehaltung, das laut Bayerischem Bauernverband viele Milchviehbetriebe vor massive Herausforderungen stellt. Hinzu kämen zusätzliche Anforderungen an die Kombinationshaltung (Weide plus Auslauf im Winter). Der Bayerische Bauernverband befürchtet deshalb, dass die neue Regelung die Existenz von zahlreichen kleinen landwirtschaftlichen Familienbetrieben gefähr- den könnte. Betroffen wären rund 40 Prozent der Landwirte im Oberallgäu. „Wenn diese Betriebe aufhören müssten, hätte das fatale Folgen für die Landschaft und Biodiversität, denn genau diese Betriebe sind es, die noch die kleinstrukturierten Flächen und Hangflächen bewirtschaften und damit einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Weiden offen bleiben und nicht verbuschen“, so Andreas Hummel, Kreisob- mann des Kreisverbands Oberallgäu/Bayerischer Bauernverband.

Auch Landrätin Indra Baier-Müller äußerte Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen und unter- strich die Bedeutung der regionalen Landwirtschaft: „Unsere Bauern leisten seit Generationen einen unver- zichtbaren Beitrag zum Erhalt unserer Kulturlandschaft, zur Biodiversität und zur regionalen Wertschöp- fung. Ein solches Gesetz, das derartige tiefgreifende Änderungen vorsieht, muss mit Augenmaß gestaltet werden. Es kann nicht sein, dass unsere Landwirte unter immer strengeren Auflagen leiden, während in an- deren Regionen Europas unterschiedliche Maßstäbe gelten“, kritisierte die Landrätin und unterstützt damit die Position des Bayerischen Bauernverbandes. „Tierschutz ist wichtig und muss gemeinsam weiterentwi- ckelt werden – aber nicht mit der Brechstange“, so der Appell von Kreisobmann Hummel.

In eine ähnliche Richtung argumentierte auch Staatsminister Eric Beißwenger, Präsident der Arbeitsgemein- schaft Bayerischer Bergbauern. Er betonte, dass Tierschutz zwar sehr wichtig sei, aber praktikabel umsetz- bar bleiben müsse. „Die Novellierung des Tierschutzgesetzes birgt das Risiko eines tiefgreifenden Struktur- wandels in unseren alpinen Regionen und könnte den Fortbestand vieler Familienbetriebe gefährden, die seit Generationen bestehen. Ein solches Gesetz darf nicht zulasten der Landwirte gehen. Es ist deshalb wichtig, dass das Tierwohl nicht gegen die wirtschaftliche Existenz der Betriebe ausgespielt wird. Zudem sollten wir nicht vergessen, dass unsere Region die artenreichste Deutschlands ist, was maßgeblich der ex- tensiven Tierhaltung und Beweidung zu verdanken ist. Um diese Artenvielfalt zu bewahren, kommt den kleinen landwirtschaftlichen Betrieben eine besondere Bedeutung zu, die es unbedingt zu unterstützen gilt.“

Auch die geplante Verschärfung der Regeln zum Enthornen von Rindern wurde von den Vertretern der Alp- und Landwirtschaft kritisch hinterfragt, denn der Bundeskabinettsentwurf sieht vor, dass die Lokalanästhe- sie künftig ausschließlich von Tierärzten durchgeführt werden darf. Der Bayerische Bauernverband gibt in- des zu bedenken, dass die Umsetzung des Gesetzes, angesichts des bestehenden Tierärztemangels und zu- sätzlicher Kosten, für viele Betriebe erhebliche Herausforderungen mit sich bringen könnte. Landrätin Indra Baier-Müller plädierte daher für eine differenzierte Herangehensweise: „Ein Gesetz, das das Tierwohl för- dern soll, muss diejenigen einbeziehen, die tagtäglich mit den Tieren arbeiten.“ Ähnlich äußerte sich auch Kreisbäuerin Simone Vogler: „Wir Landwirte wünschen uns mehr Vertrauen und Wertschätzung für unsere Arbeit, statt ständig noch mehr Kontrollen.“

Um den Anliegen der Landwirte Gehör zu verschaffen, haben der Bayerische Bauernverband und der Alp- wirtschaftliche Verein Allgäu eine Petition ins Leben gerufen. Diese soll sowohl die Bundesregierung als auch die Öffentlichkeit auf die möglichen negativen Folgen der Gesetzesänderung aufmerksam machen.