72. Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche

Bekanntgabe der vier Preisträger*innen

Nun stehen sie fest – die Preisträger:innen der diesjährigen 72. Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche. Die Jury unter Vorsitz von Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle hat getagt, begutachtet, diskutiert, begründet und entschieden. Auch 2023 wurden alle vier ausgelobten Preise zuerkannt.

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Die Preisträger 2023: V.l.n.r. Jonas Maria Ried, Elke Dreier, Agathe Haslach und Begoña Crespo Vidal im Hofgartensaal der Residenz in Kempten.Bild: Matthias Sienz
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·         Der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) wird der Künstlerin Elke Dreier für ihr zweiteiliges Werk „Massages (Pattern I & II)“ verliehen.

·         Für das zweiteiliges Gemälde „Morgenstille“ zeichnet die Jury die Künstlerin Agathe Haslach mit dem Thomas-Dachser-Gedenkpreis 2023 aus.

·         Jonas Maria Ried aus Weitnau wird von der Jury für seine Videoarbeiten „CIRCLING TREES“ und „KALTES KINO" mit dem Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung 2023 ausgezeichnet.

·         Begoña Crespo Vidal aus Betzigau wird für ihre keramische Arbeit „Of course I still love you“ von der Jury mit dem Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu 2023 gewürdigt.


Die traditionsreiche Kunstausstellung findet in diesem Jahr von 12. August bis 29. September 2023 im Hofgartensaal der Residenz in Kempten statt. Gezeigt werden in der siebenwöchigen Ausstellung 60 Werke von insgesamt 52 Kunstschaffenden, davon 30 Künstlerinnen und 22 Künstlern. „Ich freue mich sehr, dass in diesem Jahr mehr junge Künstlerinnen und Künstler mit einem Werk vertreten sind und dass wir uns um den kreativen Nachwuchs keine Sorgen machen brauchen“, so Oberbürgermeister Thomas Kiechle.

 
Außerdem finden Sie jeweils ein Porträt-Foto der Preisträger:innen sowie ein Gruppenbild mit allen vier Preisträger:innen im Anhang. Die Bildunterschrift für das Gruppenbild: Die Preisträger:innen der 72. Kunstausstellung der Allgäuer Festwoche, v.l.n.r. Jonas Maria Ried, Elke Dreier, Agathe Haslach und Begoña Crespo Vidal im Hofgartensaal der Residenz in Kempten.

Ein Abdruck der Fotos ist bei Nennung von © Foto Sienz im Zusammenhang mit der Berichterstattung zur Bekanntgabe der Preisträger:innen der 72. Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche 2023 für Sie kostenfrei.
·         Begoña Crespo Vidal aus Betzigau wird für ihre keramische Arbeit „Of course I still love you“ von der Jury mit dem Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu 2023 gewürdigt.

Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) 2023

Der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) wird der Künstlerin Elke Dreier für ihr zweiteiliges Werk „Massages (Pattern I & II)“, Print auf Textil, verliehen.

Begründung der Jury
Elke Dreier ist eine seriös und ernsthaft arbeitende Künstlerin. Sie schafft keine kommerziell verwertbare Kunst und ihre Werke wirken unprätentiös und nicht aufgesetzt.
Die beiden ausgezeichneten Werke haben eine hohe zeichnerische Qualität. Sie funktionieren als autonome Werke für sich, aber auch als Ideenträger für Körperlichkeit, Bewegung, Dynamik und Luft.
Die sehr ruhigen, poetischen Arbeiten, welche Massagegriffe darstellen, sind eine Auseinandersetzung damit, wie körperliche Bewegungen und Körperlichkeit auf einen Bildträger gebracht werden können. Die Künstlerin schafft es, die körperliche Dimension in einer abstrakten, feinen Zeichnung überzeugend in die Zweidimensionalität umzusetzen. Die Berührungen werden sachlich dargestellt, aber trotzdem kommt das Fließende der Hand zum Ausdruck. Die Linien sehen aus wie Nervenbahnen, sie wirken wie ein künstlerisches Lehrblatt für Massagen oder eine Renaissance-Zeichnung eines Körpers.
Es ist spannend, dass Elke Dreier zwar aus der Bildhauerei kommt, sich aber in die Zweidimensionalität entwickelt hat.
Auch technisch ist die Umsetzung interessant, denn es sind ja eigentlich weiße Stoffe, die blau bedruckt sind. Es sieht so aus, als wären die weißen Streifen beim Drucken übriggeblieben. Das ist ein spannender Umgang mit dem Material und dem Druckvorgang.
Die Leichtigkeit des Stoffes korrespondiert mit der Linienführung. Trotz der großen Dynamik ist es eine in sich geschlossene Zeichnung, die sich an der Ausdehnung des menschlichen Körpers orientiert.

Thomas-Dachser-Gedenkpreis

Für ihr zweiteiliges Gemälde „Morgenstille“ zeichnet die Jury die Künstlerin Agathe Haslach aus Maria Rain mit dem Thomas-Dachser-Gedenkpreis 2023 aus.

Begründung der Jury
Das zweiteilige Gemälde „Morgenstille“ von Agathe Haslach ist klassische Malerei, aber formal wunderbar umgesetzt. Die Lichtführung ist von oben nach unten stimmig durchgeführt und zieht die Betrachter*innen in das Bild hinein. Die Idee, den Schatten und die Lichtführung vom oberen ins untere Bild weiterzuführen, ist sehr gut gelöst. Die Konzentration auf das Licht, die Lichtintensität, verblüfft immer wieder. Das Gemälde hat dadurch etwas Altmeisterliches, man erkennt nicht mehr, wie es gemacht wurde. Die Künstlerin „zaubert“ mit dem Pinsel und den Farben. Die Technik verschwindet vollkommen hinter dem Sujet.
Die beiden Bilder haben eine große atmosphärische Qualität. Sie hängen übereinander und werden doch als ein Bild gelesen. Die Fortsetzung nach unten ist auch von der Komposition her schlüssig und raffiniert gelöst. Durch das eher kleine Format wirken die Bilder sehr konzentriert. Durch die Teilung der zwei Bilder wird erst klar, dass das Licht das zentrale Element ist: dieses milchige, verrauchte, vernebelte Licht.
Die neueste Entwicklung der Künstlerin ist die Zweiteilung von Werken. Dabei geht sie immer neue und überraschende Wege. Nach ihrer Ausbildung als Holzbildhauerin hat sie eine Malerei-Ausbildung an der privaten Malschule von Friedrich Hechelmann durchlaufen und mit Diplom abgeschlossen. Etwas von diesem phantastischen Realismus und seiner Gedankenwelt stecken auch in dem preisgekrönten Werk.

Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung

Jonas Maria Ried aus Weitnau wird von der Jury für sein Videoarbeiten „CIRCLING TREES“ und „KALTES KINO" mit dem Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung 2023 ausgezeichnet.

Begründung der Jury
Jonas Maria Ried ist ein ernsthafter Künstler, der in seiner Künstlerlaufbahn bisher sehr viele Ausstellungen gemacht hat und von vielen Ausstellungshäusern angefragt wird. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich häufig mit dem Verhältnis von Mensch und Natur.
Der gelernte Holzbildhauer hat bereits in seinem Studium an der Kunstakademie in Stuttgart erste Videoprojekte gemacht. Nach seinem Studium ist er ins Allgäu, in die Nähe von Weitnau gezogen. Er fing an sich damit zu beschäftigen, welche Vorstellungen von ländlicher Idylle und vom Allgäu er als Städter mitbringt. In seinen Arbeiten geht es um die Vereinnahmung der Natur durch „den Städter“.
In „Circling Trees“ wird auf absurde Weise vorgeführt, dass die Natur nur noch eine Plattform für Erlebnisse ist. Die Aktion, sich von einem Baum herunterzuschwingen und dabei die Natur zum Klingen zu bringen, dokumentiert nicht einfach, sondern entwickelt eine Sogwirkung im Bild, die eine sehr hohe formale Qualität hat.
„Das kalte Kino“ ist 2021 im Lockdown entstanden und war für Ried auch eine Metapher für den endlosen Stillstand. Der Künstler hat sich in dieser Zeit ein Iglu gebaut, einen Projektor hineingestellt und im Dunkeln bis 21 Uhr Kino für sich selber gemacht, Einsamkeit und Kälte verspürend. Er inszeniert das Kino, das eigentlich der Zusammenkunft von Menschen dient, und zeigt damit, dass der Mensch in die Natur geht, um sich da in eine freiwillige Isolation zu begeben. Für die Jury ist dieser atmosphärisch dichte, handwerklich großartig umgesetzte Film ein sehr eindrucksvolles Zeugnis dieser Zeit.
Jonas Maria Rieds Videokunst ist sowohl formal als auch in der technischen Umsetzung perfekt. Es stecken viele Gedanken dahinter, die mit der Kulturlandschaft und den Menschen zu tun haben. Der Förderpreis soll ihm dazu dienen neue Werke zu entwickeln und seine Pläne und Ideen umzusetzen.

Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu

Begoña Crespo Vidal aus Betzigau wird für ihre Arbeit „Of course I still love you“ (Steinzeug und Glasuren, 2 x gebrannt und glasiert) von der Jury mit dem Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu 2023 gewürdigt.

Begründung der Jury
Das Werk „Of course I still love you“ ist aus keramischer Sicht sehr gut gemacht und bei aller organischen Gestaltung technisch perfekt gearbeitet. Die Arbeit ist aus vielen keramischen Teilen gefertigt, aber noch im lederharten Zustand zusammengesetzt, bossiert, einmal gebrannt und dann mit Glasuren zurückhaltend farbig und harmonisch gestaltet. Im Glasurbrand wurde das Steinzeug ein zweites Mal gebrannt, was von hoher Könnerschaft zeugt, da kaum Brandrisse erzeugt worden sind.
Die Formen für diese Keramik wurden aus der Natur gewählt: Blütenformen, ein Lotussamenstand, abgeformte Kieferknochen von einem Tier und Scherben. Im Zentrum des Arrangements sitzt sehr prominent der gegossene Hase, der als Beuys-Hommage gesehen werden kann. Er schält sich aus der Ansammlung der Objekte und Oberflächen heraus und gibt dem Werk eine starke Dynamik. Das ist nichts Hübsches, auf Dekor Basierendes, sondern eine phantasievolle kompositorische Erfindung in der Kombination der Elemente.
Die Jury freut sich darauf, noch weitere Werke der Künstlerin zu entdecken und vergibt sehr gerne das Ausstellungsstipendium der Sparkasse, damit sie eine Einzelausstellung in der Kunsthalle Kempten durchführen kann.
Das Keramik-Stilleben ist sehr erzählerisch und wird ein breites Publikum ansprechen, es ist allansichtig und lädt dazu ein, darum herumzugehen.