»Deutschland braucht Reformen, die man wirklich spürt.«

FDP-Politiker Konstantin Kuhle zu Besuch im Allgäu

Sulzberg…Langsam verzieht sich der Pulverdampf vom medialen Schlachtfeld um die sorgsam inszenierte Empörung der Mainstream über ein Konzeptpapier der FDP mit Namen D-Day, da schwenkt die FDP bundesweit auch schon in den Wahlkampfmodus über. Bei den Liberalen geht es um nichts weniger, als ums nackte Überleben.

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FDP-Politiker Konstantin Kuhle musste sich am Abend auch das Urteil des Nikolaus anhören.Bild: Jörg Spielberg
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Die letzten Landtagswahlen liefen nicht gut und nun geht es darum, die „…letzte Partei mit wirtschaftspolitischem Sachverstand", so der Allgäuer FDP-Bundestagsabgeordnete Stephan Thomae, im hohen Hause in Berlin zu halten. So luden die Kreisverbände der FDP Kempten und Oberallgäu Freunde der Partei zum traditionellen Kässpatzenessen in den „Gasthof zum Hirsch" nach Sulzberg ein. Dabei erhielten die Allgäuer Freidemokraten kräftige Unterstützung auch von Parteifreunden aus dem Unterallgäu, in Person von FDP-Direktkandidat Daniel Steffen, und aus dem Münchner-Land, in Person von Direktkandidat Dr. Thomas Klaue. Hauptredner und Ehrengast des Abends aber war MdB Konstantin Kuhle aus dem niedersächsichem Wolfenbüttel, Mitglied des Bundesvorstand der FDP und Landesvorsitzender der FDP Niedersachsen. Konstantin Kuhle wurde vielen bekannt, als er am Tag des Ampel-Bruchs zu Gast bei Markus Lanz war und unvorbereitet zum Ampel-Aus Stellung beziehen musste.

Nikolaus fällt mildes Urteil

Begrüßt wurden die Freunde der Liberalen im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal durch den Allgäuer FDP-Bundestagsabgeordneten Stephan Thomae. Der verwies in seinen Begrüßungsworten auf einen Bundestag, der ohne die FDP defizitär wäre und dem ein stabilisierender Faktor fehlen würde. Im Anschluss wurde das FDP-Mitglied Gisela Bock für ihre 50-jährige Mitgliedschaft in der FDP mit der Theodor-Heuss-Medaille in Gold und einem großem Blumenstrauss geehrt. Bevor Konstantin Kuhle zur Bundespolitik Stellung bezog, stattete der Veranstaltung der Nikolaus in Begleitung von drei Klausen einen Besuch ab. Dieser urteilte verhältnismäßig milde über die Freidemokraten und attestierte der Partei: „Ihr habt Schlimmeres verhindert!" Ein Fehler sei lediglich die Wahl der Begrifflichkeit „D-Day" gewesen und er mahnte mit den schellenbesetzten Klausen im Rücken die FDP zu Tranzparenz, Aufrichtigkeit, Prinzipientreue und einem Blick, der in die Zukunft gerichtet ist.

Ursache des Koalitionsbruchs

Hernach erklärt MdB Konstantin Kulhle, u.a. stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion, warum es zum Bruch der Regierungskoalition kam. Die Ursache lag nach Kuhle an unüberbrückbaren Gegensätzen in der Wirtschaftspolitik. Hier gingen die Meinungen einen pro-marktwirtschaftlichen Sicht der FDP mit der einer staatlich-dirigistischen Haltung von Rot-Grün einfach nicht zusammen. „Wir haben erlebt, dass es seitens der anderen Koalitionspartner kein Zeichen gab, auch nur irgendetwas für die Wirtschaft zu tun.", so Kuhle. „In der gegenwärtigen schwierigen Situation aber brauche es Entscheidungen." Konstantin Kuhle nennt hier beispielhaft die Abschaffung des Lieferkettengesetzes und die Einführung steuerfreier Überstunden. „Grüne und SPD haben um den Arbeitsmarkt quasi einen Schutzwall hochgezogen,Veränderungen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik waren tabu.", so das Urteil des Niedersachsen. Kuhle aber spricht sich wie Thomae für eine Wirtschaftspolitik aus, die gerade in der gegenwärtigen Situation den Mittelstand und Unternehmen entlastet. „Deutschland braucht Reformen, die man wirklich spürt.", so bringt es der stellvertretende Fraktionsvorsitzende auf den Punkt. Was Kuhle, aber die FDP grundsätzlich verärgert habe, war aus Sicht Kuhles, dass Einlassungen oder Kritik der Freidemokraten am Kurs der Ampel stets moralisch und selten sachlich beantwortet wurden. Auf Christian Lindners Weigerung hin, für die geplante Kindergrundsicherung 2.000 neue Stellen zu schaffen, sei lediglich mit moralischer Entrüstung reagiert worden. Kuhles Ansichten zur Wirtschaftspolitik wurden am Abend auch durch den Wirt des Gasthof Hirsch bestätigt. Der wünschte sich von der Politik mehr Bemühungen bei der Lösung des Fachkräftemangels, aber weniger Einmischung bei der Frage, wann welcher Mitarbeiter wie lange arbeiten dürfe. „Bitte weniger Bürokratie und Gängelung durch den Staat.", so der Wunsch des Hirsch-Wirten.

Einwanderungspolitik

Kuhle betonte, betonte, dass er explizit in Zusammenarbeit mit Stephan Thomae an einem Fachkräfteeinwanderungsgesetz mitgewirkt habe, dass die reguläre Immigration in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtert. Bestätigt wurde Kuhles Aussage durch eine anwesende Pflegefachkraft aus Afrika, die am Abend zugleich in die FDP eintrat. Einer irregulären, ungesteuerten Einwanderung aber gelte es Einhalt zu gebieten, so unisono Kuhle und Thomae. Wer in Deutschland Asyl beantragt und dann kurz darauf im Heimatland Urlaub macht, der hat sein Recht auf Asyl verwirkt.", so die beiden FDP-Politiker.

Westbindung, Klimaschutz und Aktienrente

Weitere Themen am Abend waren u.a. die Westbindung Deutschlands an USA, EU und NATO. „Wir sollten den liberalen Demokratien die Treue halten, im Bereich der Verteidigungsbereitschaft ein neues Mindset entwickeln und den Spaltungsversuchen aus Moskau und Peking widerstehen.", so Konstantin Kuhle. Im Bereich der Klimapolitik setzen Kuhle und Thomae auf einen globalen und europäischen Ansatz, eine lediglich national angelegte Strategie funktioniere an dieser Stelle nicht. Bei der Rente ginge es darum, zeitnah eine zusätzliche Säule der Altersvorsorge, vulgo die Aktienrente, zu etablieren. „Die größte Einzelausgabe im Bundestag sind die jährlichen Zuschüsse von 1 Mrd. Euro in die Rentenkasse.", konstatiert Kuhle. Nach den Ausführungen Kuhles wurden die rund 120 Gäste eingeladen, Fragen an die beiden FDP-Bundestagsabgeordneten zu stellen, wovon viele im Saal rege Gebrauch machten.

Politische Kultur

Im Anschluss zur Veranstaltung äußerte sich MdB Stephan Thomae auch zu den in letzter Zeit häufiger auftretenden Strafanzeigen, die Politiker z.T. untereinander, aber auch gegen Bürger erstatten, die Politiker beleidigen. Hier nimmt Thomae die Position ein, das Recht des Politikers zu stärken, sich gegen überzogene Verbalinjurien und Bedrohungen zu schützen. „Wir müssen als Politiker sicherlich hier und da ein dickeres Fell haben, aber ebenso haben wir das Recht, wie jeder andere Bürger, uns gegen ehrverletzende Beleidigungen juristisch zu wehren und damit auch ein Zeichen zu setzen, den öffentlichen Diskurs von persönlichen Beleidigungen frei zu halten."