Wer wird Merkels Nachfolger?
Bundestagswahlen 2021
Corona-Pandemie und Flutkatastrophe ließen so manchen vergessen, dass am 26. September dieses Jahr eine neue Ära beginnt: Die Bürger Deutschlands wählen einen neuen Bundeskanzler – oder eine neue Bundeskanzlerin? Wie die Chancen der drei Kandidaten stehen, was die Parteien in ihren Wahlprogrammen stehen haben und was Sie sonst zur Wahl wissen müssen, erfahren Sie hier!
Paukenschlag: Merkel tritt nicht mehr an
Es war lange spekuliert worden, doch Ende Oktober 2018 war es schließlich klar: Angela Merkel wird bei der Bundestagswahl 2021 nicht als Spitzenkandidatin ihrer Partei kandidieren – und sofort ging die Debatte um ihre Nachfolge los. In der CDU hat traditionell der oder die Vorsitzende ein „Erstzugriffrecht“ auf die Kanzlerkandidatur der Union. Jedoch entbrannte zunächst ein Streit um die mögliche Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur. Im Januar dieses Jahres setzte sich dann Armin Laschet beim Kampf um den Vorsitz gegen Friedrich Merz und Norbert Röttgen durch. Er folgte damit auf Annegret Kamp-Karrenbauer, die zuvor ihren Rücktritt angekündigt hatte.
Wo liegt Söders Platz?
Allerdings mischte in Bezug auf die Kandidaten-Frage plötzlich ein weiterer Akteur mit: der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Stets hatte er betont, dass sein Platz in Bayern sei – und nur fünf Monate vor der Bundestagswahl erklärte er Mitte April, er sei nun doch bereit für eine Kandidatur. Daraufhin folgte ein kurzer, aber heftiger, in der Öffentlichkeit ausgetragener Machtkampf zwischen ihm und Laschet, der schließlich durch eine Abstimmung des CDU-Bundesvorstands zugunsten von Laschet beendet wurde. Doch auch im weiteren Verlauf erfolgten immer wieder Nadelstiche aus Bayern – zuletzt kritisierte Söder etwa Ende Juli eine „Schlafwagen-Taktik“ beim Wahlkampf und appellierte eindringlich, man müsse jetzt einen Zahn zulegen.
Die Kandidaten
Insgesamt zwei Männer und eine Frau kämpfen im September um das Amt des Bundeskanzlers – für was sie stehen und in welche Fettnäpfchen (und davon gab es einige) sie bislang getreten sind, erfahren Sie jetzt.
Armin Laschet
Der 60 Jahre alte Armin Laschet ist seit 2017 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Er war von 1994 bis 1998 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter der CDU, bei der darauffolgenden Bundestagswahl verlor er jedoch sein Mandat. 2005 wurde Laschet in Nordrhein-Westfalen zum Landesminister für Generationen, Familie, Frauen und Integration ernannt. Nach der Landtagswahl 2017 wurde er mit einer Mehrheit von nur einer Stimme zum Regierungschef einer schwarz-gelben Koalition in Nordrhein-Westfalen gewählt. Im Gegensatz zu Söder gilt Laschet mit Blick auf die Klima-Krise eher als Kohleverteidiger und Kritiker der Energiewende.
Laschets Fettnäpfchen
Wirklich souverän zeigte sich Laschet im bisherigen Wahlkampf nicht – der CDU-Politiker trat stattdessen immer wieder in Fettnäpfchen, die medial zusätzlich aufgebauscht wurden. Besonders zeigte sich dies nach der Flutkatastrophe im Juli: Zunächst einmal polarisierte Laschet mit dem Satz „Nur weil jetzt ein solcher Tag ist, ändert man nicht die Politik“, doch vor allem sein Verhalten während einer Rede von Bundespräsident Steinmeier Mitte Juli zum Gedenken an die Flutopfer zog Kritik auf sich. Direkt hinter dem Staatsoberhaupt wurde der CDU-Vorsitzende beim herzhaften Lachen gefilmt – ein Grinsen zur Unzeit. Trotz Entschuldigung hielten ihm viele das unangebrachte Verhalten vor, auf Twitter trendete sogleich der Hashtag #Laschetlacht. Doch das ist noch nicht alles: Kurz darauf wurden auch noch Plagiatsvorwürfe zu Laschets Buch von 2009 öffentlich, das er zudem nicht korrekt versteuert hatte. Die Folge? #Laschetschreibtab war nun der Hashtag der Stunde. Hinzu kommt: Der CDU-Politiker lehnt eine klare Haltung zum umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen ab. Inzwischen gibt es gar einen „Lasch-O-Mat“ – eine dem „Wahl-O-Mat“ (dazu später mehr) nachempfundene Onlineseite, die zu verschiedenen Politikthemen Phrasen á lá Laschet ausspuckt.
Annalena Baerbock
Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der Grünen hat sich die Partei bei einer Bundestagswahl für eine Kanzlerkandidatur entschieden – und das aus einem erfreulichen Grund: Seit 2018 verzeichnet die Partei dauerhaft hohe Umfragewerte. Bei den vergangenen Bundestagswahlen boten die Grünen jeweils ein Spitzenduo auf, die aber explizit nur Spitzen- und keine Kanzlerkandidaten waren. Im April 2019 kürte der Vorstand aus dem aktuellen Duo Robert Habeck und Annalena Baerbock die gebürtige Hannoveranerin zur Kanzlerkandidatin. Die mit 40 Jahren vergleichsweise junge Politikerin ist seit Anfang 2018 Bundesvorsitzende der Grünen und war bislang dadurch aufgefallen, dass sie sich in der Bundestagsfraktion allem voran für den Klimaschutz sowie für Kinder und Familien einsetzte. Im Gegensatz zu Habeck kann sie zwar nicht mit Regierungserfahrung punkten, gilt jedoch als gut vernetzt, machtbewusst und sehr ehrgeizig. Sie wird dem sogenannten Realo-Flügel der Grünen zugerechnet, steht allerdings ebenso wie Habeck für die Überwindung der Flügel.
Baerbocks Fettnäpfchen
Während die Umfragewerte nach ihrer Nominierung zunächst hochschnellten, folgte schnell die Ernüchterung. Zunächst musste sie einräumen, dass sie mehrere Jahre lang vergessen hatte, Weihnachtsgeld ihrer Partei beim Bundestag als Nebeneinkünfte anzumelden. Außerdem musste sie mehrfach ihren Lebenslauf korrigieren, weil darin falsche Angaben gemacht wurden. Neben einer unglücklichen Benzinpreis-Debatte kam dann heraus, dass sie in ihrem Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ einige Passagen ohne Quellenangaben aus anderen Werken übernommen hatte. Da wirkte ihr vermeintliches geographisches Unwissen, das sie kürzlich offenbarte, schon wieder harmlos: Ausgerechnet in ihrer Wahlheimat Brandenburg verwechselte Baerbock bei einem Wahlkampftermin die Regionen Barnim und Oderbruch.
Olaf Scholz
Bereits im August 2020 wurde von der SPD-Führung entschieden, wer die Partei als Kanzlerkandidat in die nächste Bundestagswahl führen sollte: Olaf Scholz, der bereits 2017 als möglicher Kandidat gehandelt wurde. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht war zwischenzeitlich unter anderem Generalsekretär sowie stellvertretender Parteivorsitzender der SPD. Außerdem war er zwei Jahre lang Bundesminister für Arbeit und Soziales und insgesamt sieben Jahre lang Erster Bürgermeister von Hamburg. Als er im Frühjahr 2018 zum Bundesminister der Finanzen ernannt wurde, legte er das Amt des Bürgermeisters nieder, zudem ist Scholz der amtierende Vizekanzler. Als er noch Vizevorsitzender der Jungsozialisten war, vertrat er teilweise linke Positionen – mittlerweile zählt der 63-Jährige allerdings zum konservativen Teil der SPD. Nach der Bundestagswahl 2017 hatte er außerdem für eine Weiterführung der Großen Koalition geworben.
Scholz‘ Fettnäpfchen
Im Vergleich zu den anderen beiden Spitzenkandidaten verhielt sich Scholz bislang erstaunlich „unauffällig“ während seiner Wahlkampfzeit. Ganz ohne Makel ist natürlich auch er nicht: Der oftmals etwas hölzern wirkende Scholz stand unter anderem nach dem G−20 Gipfel in Hamburg 2017 in der Kritik. Dort war es teilweise zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen, obwohl er im Vorfeld versichert hatte, dass die Sicherheit garantiert werden könne. Zudem hatte Scholz gesagt, dass es keine Polizeigewalt gegeben hätte – jedoch wurde gegen 41 Polizisten ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt aufgenommen. Kritiker bemängeln außerdem seine unzureichende Hilfe bei der Aufklärung verschiedener Finanzskandale wie beim Steuerbetrugsskandal Cum-Ex oder beim Bilanzbetrug des Dax-Konzerns Wirecard.
Die Chancen der Kandidaten: aktuelle Umfragen
Sicher ist nur, dass nichts sicher ist. Die Umfragen (und damit Wählermeinungen) variierten im Verlauf des Wahlkampfs stark, weshalb eine eindeutige Voraussage ein Ding der Unmöglichkeit ist. Zuletzt zeichnete sich ab, dass Scholz zwar als Person bei den Wählern besser punkten konnte als seine Kontrahenten, die SPD als Partei jedoch weiterhin wenig Zustimmung erhält. In einer Forsa-Umfrage vom 11. August kam die Union auf 23 Prozent, die Grünen lagen bei 20 Prozent und direkt dahinter die SPD mit 19 Prozent, die sich damit sogar noch deutlich steigern konnte im Vergleich zu den Vorwochen. Könnten die Bürger den Regierungschef direkt wählen, würden 26 Prozent für Scholz stimmen, 16 Prozent für Baerbock und lediglich zwölf Prozent für Laschet. CSU-Chef Söder wäre aus Sicht vieler Wähler der bessere Kandidat der Union: Ganze 40 Prozent würden ihm bei einer Direktwahl ihre Stimme geben.
Die Wahlprogramme
Doch bekanntlich werden bei der Bundestagswahl die Parteien und nicht die Einzelpersonen gewählt – daher lohnt sich ein Blick auf die jeweiligen Wahlprogramme. Die Positionen der größeren Parteien zu bestimmten, kontrovers diskutierten Themen wie Mindestlohn oder Tempolimit können Sie direkt aus unserer Tabelle entnehmen.
CDU/CSU
Die Union nennt ihr 140 Seiten starkes Bundestagswahlprogramm „Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland“. Darüber hinaus hat die CSU ein eigenes Programm für die Bundestagswahl veröffentlicht („Das CSU-Programm. Gut für Bayern. Gut für Deutschland“). Und worum geht es in dem Programm der aktuell führenden Partei? Ein wichtiges Ziel ist eine familiengerechte Arbeitswelt, was unter anderem über sogenannte „Familienzeitkonten“ gewährleistet werden soll. Bezogen auf die EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik fordert die Union, dass die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts in der EU, die seit Beginn der Pandemie ausgesetzt sind, so schnell wie möglich wieder in Kraft treten sollen. Die gemeinsame Schuldenaufnahme soll eine einmalige Angelegenheit bleiben, stattdessen müsse Europa sich besser auf Finanz- und Wirtschaftskrisen vorbereiten. Weil hierzulande jeder vierte Arbeitsplatz vom Export abhänge, wollen CDU und CSU die Welthandelsorganisation WTO stärken. Außerdem sollen die Verhandlungen mit den USA über ein Freihandelsabkommen so schnell wie möglich wiederaufgenommen werden.
Bündnis 90/Die Grünen
Das Wahlprogramm der Grünen trägt den Namen „Deutschland. Alles ist drin“ und ist 136 Seiten lang. Darüber hinaus haben die Grünen Anfang August auch noch ein sieben Seiten umfassendes „Klimaschutz-Sofortprogramm“ präsentiert („Klima retten, Menschen schützen“). Vor allem der zentrale Plan sticht stets hervor: Jedes Jahr wollen die Grünen insgesamt 50 Milliarden Euro zusätzlich investieren. Und zwar in Schulen und Universitäten, Bahnschienen, Radwege, Internetkabel und natürlich auch Windräder sowie Ladesäulen. Es bleibt die Frage nach der Finanzierung – wie soll das alles bezahlt werden? Die offene Antwort der Partei lautet: Über neue Schulden. Denn diese belasten auf Dauer weniger als bröckelnde Infrastruktur, die irgendwann für dann noch mehr Geld repariert werden muss. Dafür müsste allerdings die Schuldenbremse gelockert werden, was ohne die Union derzeit nicht geht. Im Bereich Sozialpolitik fordern sie beispielsweise statt Hartz IV eine „Garantiesicherung“ sowie zusätzlich eine „Kindergrundsicherung“. Außerdem will die Partei die Rolle des Europaparlaments deutlich stärken. Im EU-Haushalt wollen die Grünen einen Zukunftsfonds einrichten: Mit öffentlichen Investitionen sollen der klimafreundliche und ökologische Umbau der EU gelingen sowie Wirtschaftskrisen effizient bekämpft werden.
SPD
66 Seiten lang, ein Titel, der für alles und nicht stehen kann – das ist das Programm der SPD. Mit „Das Zukunftsprogramm. Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben.“ haben die Genossen ein vergleichsweise schlankes Wahlprogramm vorgelegt. Interessant ist beispielsweise das Sozialstaatskonzept, mit dem sich die Partei vom umstrittenen Hartz IV verabschiedet. Bezogen auf die Inhalte ist es ein eher linkes Programm: Die SPD will eine Vermögenssteuer, einen Mindestlohn von zwölf Euro bzw. europäische Mindestlöhne sowie eine Bürgerversicherung und eine Arbeitslosenrückversicherung. Zudem lohnt sich ein Blick auf den Themenkomplex „bezahlbares Wohnen“, was für die Genossen DIE zentrale soziale Frage markiert. Um die rasant ansteigenden Mieten sowie die Wohnungsnot zu bekämpfen, wollen sie den Bau von insgesamt 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr fördern und darüber hinaus einen Mietenstopp einführen. Als Konsequenz aus der Corona-Pandemie soll zudem eine „souveräne europäische Gesundheitsunion“ mit gemeinsamen Mindeststandards geschaffen werden.
FDP
Die FDP nennt ihr 91 Seiten langes Bundestagswahlprogramm „Nie gab es mehr zu tun. Wahlprogramm der Freien Demokraten“ und legt dabei den Fokus auf Themen, mit denen die Liberalen bereits früher punkten wollten. Dazu zählt etwa das Versprechen, die Bürger in Deutschland „bei den Steuern und Abgaben nachhaltig und deutlich zu entlasten“ – sie wollen demnach den Soli und die Schaumweinsteuer abschaffen. Gleichzeitig lehnt die FDP eine Vermögensteuer sowie eine Verschärfung der Erbschaftsteuer ab. Parteichef Lindner macht außerdem den Verzicht auf Steuererhöhungen zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung. Jedoch lassen sich auch neue Ansätze und Themen finden: Zum Klimawandel gibt es zumindest erste Ideen, noch mehr wird der soziale Aufstieg in den Vordergrund gerückt und es sollen etwa bessere Hinzuverdienstregeln bei Hartz IV einführt werden. Zudem soll die EU als Ganzes reformiert werden: Die Liberalen schlagen hierfür eine Europäische Verfassung vor.
AfD
In das 103 Seiten umfassende Programm der AfD namens „Deutschland. Aber normal. Programm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag“ wurde unter anderem das Ziel eines „Dexit“, also eines deutschen EU-Austritts, mit aufgenommen – genauer Plan und mögliche Folgen davon werden aber erst einmal ausgeklammert. Als Begründung wird angeführt, dass die EU in den letzten Jahren die „Transformation zum planwirtschaftlichen Superstaat vorangetrieben hat“, auch der Euro sei gescheitert. Eine weitere Forderung zeigt, dass sich das Programm wieder mehr auf das klassische Thema der Partei fokussiert: die Begrenzung der Migration. So wird nämlich jetzt die „Ablehnung jeglichen Familiennachzugs für Flüchtlinge“ verlangt.
Die Linke
Die Linke verabschiedete die endgültige Version ihres Programms („Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit“) Mitte Juni. Auf 155 Seiten wird die Partei darin zeitweise überraschend konkret: Bahn und Lufthanse will die Linke in ein staatliches Unternehmen überführen, zudem sollen Inlandsflüge größtenteils verboten und Regionalflughäfen dichtgemacht werden. Bei der Einkommensteuer wird eine Entlastung für alle Menschen versprochen, die weniger als 6.500 Euro brutto im Monat verdienen. Das soll vor allem dadurch geschehen, dass Millionäre insgesamt mehr Abgaben leisten müssen. Außerdem will die Linke früher raus aus der Kohle, die eigentlich geforderte Nato-Auflösung oder der Abzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen taucht im Programm jedoch nicht auf. Ebenso wie die FDP spricht sich auch die Linke für eine EU-Verfassung aus – um dadurch die EU wieder attraktiver zu machen. Konkrete Forderungen in diesem Bereich sind etwa gemeinsame Mindeststandards für die Besteuerung großer Vermögen sowie ein EU-weiter Mindeststeuersatz für Unternehmen.
Hilfe für Erstwähler
Wer im Jahr 2021 erstmals wählen darf, ist möglicherweise etwas überfordert: Wen soll ich wählen? Wie treffe ich eine Entscheidung? Wie geht das mit dem Wählen und der Briefwahl? Und: Soll ich überhaupt wählen?
Die letzte Frage lässt sich am schnellsten beantworten – denn ja, jede Stimme zählt! Die Wahlbeteiligung lag 2017 bei der Bundestagswahl insgesamt bei 76,2%. Damit hat immerhin noch ein ganzes Viertel der Wahlberechtigten keine Stimme abgegeben, was hochgerechnet eine Menge Menschen sind. Ein weiterer Punkt: Die Gruppe mit der niedrigsten Wahlbeteiligung war bei jeder Bundestagswahl die der 21- bis 24-Jährigen. 2017 lag ihre Wahlbeteiligung 9,2 Prozentpunkte unter dem Gesamtwert. Hier herrscht also Handlungsbedarf: Gerade die Jüngeren werden noch am längsten auf diesem Planeten leben und sollten ihr Recht auf Mitbestimmung daher auf jeden Fall wahrnehmen. Im Zweifel kann es auf nur sehr wenige Stimmen ankommen. Und es gibt genug Themen, die gerade junge Menschen betreffen: Dazu zählt natürlich vor allem der Umgang mit dem Klimawandel, es können aber auch Themen wie BaFög, Bildung oder bezahlbarer Wohnraum sein.
Wo es Informationen gibt
Hinzu kommt: Wer nicht wählt, erleichtert es nachweislich extremistischen Strömungen, einen größeren Einfluss auf die Politik und auf unsere Gesellschaft zu bekommen. Wählen ist außerdem nicht nur Bürgerpflicht, sondern es bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen. Natürlich sollte nicht einfach irgendeine Partei gewählt werden – zumindest grob sollte man sich immer über die Parteien, über ihre Programme und die Spitzenkandidaten informieren. Neben Zeitungen und deren Online-Auftritten bieten das Fernsehen sowie auch die Social Media-Kanäle der Parteien und Politiker eine gute Informationsquelle. Die Parteiprogramme sind ebenfalls frei verfügbar, hier gibt es auch viele Kurzversionen und übersichtliche Broschüren im Internet.
Entscheidungshilfe: Der Wahl-O-Mat
Sehr empfehlenswert ist der sogenannte Wahl-O-Mat: Dieses Programm der Bundeszentrale für politische Bildung vereinfacht die Pläne bzw. Ziele der einzelnen Parteien zwar, kann aber auch einen guten Überblick darüber geben, welche der Fraktionen am ehesten mit der eigenen Meinung übereinstimmt. Das Tool besteht aus knapp 40 Fragen, die jeweils mit „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ beantwortet werden. Am Ende werden die Thesen noch nach Wichtigkeit sortiert und können im Anschluss mit den Positionen von bis zu acht Parteien verglichen werden. In diesem Jahr wird der Wahl-O-Mat als App oder Web-Anwendung am 2. September veröffentlicht. Außerdem können Sie auf www.wahlprogramme-vergleichen.de Suchen quer durch die Wahlprogramme bzw. Grundsatzprogramme der etablierten Parteien vornehmen. Ein weiteres Angebot ist das Frageportal der Organisation abgeordnetenwatch.de: Interessierte Wähler können dabei mehr als 2.500 Direktkandidaten aus allen 299 Wahlkreisen online befragen.
So geht die Briefwahl
Jetzt darf also gewählt werden: Alle Personen über 18 Jahre mit deutscher Staatsangehörigkeit können dazu direkt am 26. September in die Wahllokale gehen, die zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr geöffnet sein werden. Sie können ohne Vorliegen eines Grundes aber auch bequem per Brief wählen. Dazu müssen Sie bei Ihrer Gemeinde vorab die Briefwahl (persönlich oder schriftlich, etwa per Brief bzw. Mail, über einen QR-Code auf der per Post versendeten Wahlbenachrichtigung oder über die Internetseite der Gemeinde) beantragen und erhalten dann einen Wahlschein und einen Stimmzettel. Nutzen Sie also vorab oder spätestens am 26. September Ihre Chance und gehen Sie wählen!